Am 5. Juni hat das Bundeskabinett neue Rahmenrichtlinien für die Gesamtverteidigung (RRGV) beschlossen, in denen erstmals auch hybride Bedrohungen wie Cyber-Angriffe behandelt werden. Angesichts der veränderten Sicherheitslage will die Bundesregierung mit diesen neuen RRGV die militärische und zivile Verteidigung stärken.
Die neuen Richtlinien lösen die RRGV von 1989 ab, d.h.: 35 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges, in denen sich die geostrategischen und sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen der Gesamtverteidigung im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung grundlegend geändert haben. Wesentliche Neuerungen in den RRGV sind deshalb u.a.:
- Bedrohungen aus dem Cyber-und Informationsraum sowie hybride Kriegsführung als Herausforderungen der Gesamtverteidigung im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung;
- Technische Weiterentwicklungen wie z.B. moderne Warnsysteme (Modulares Warnsystem, WarnApps, Cell Broadcast) oder auch die Nutzung von Geoinformationsdiensten beim Wetterdienst;
- zunehmende Privatisierung wesentlicher Versorgungsleistungen für die Gesamtverteidigung nach dem Verzicht auf ehemals staatseigene Betriebe (z.B. Bahn, Post, Telekom) und entsprechend angepasste bzw. neue Rechtsgrundlagen, wie u.a. das Telekommunikationsgesetz.
Mit der Neufassung wurde nun ein maßgeblicher Baustein geschaffen, um die in der Nationalen Sicherheitsstrategie beschriebene nötige Widerstandskraft für einen Konfliktfall zu entwickeln. Die zivile Verteidigung soll dabei im Rahmen der Gesamtverteidigung grundlegend gestärkt sowie damit unter anderem auch die zivile und logistische Unterstützung für die Streitkräfte gesichert werden. Damit soll auch eine wesentliche Voraussetzung für die weitere Umsetzung des Operationsplans “Deutschland” geschaffen werden.
Hinsichtlich von Schutz vor Bedrohungen aus dem Cyber-und Informationsraum ist auffällig, daß dieser Schutz zwar sowohl als eine Aufgabe der militärischen, als auch der zivilen Verteidigung (unter “Versorgung der Zivilbevölkerung und der Bundeswehr mit Gütern und Leistungen”) aufgeführt ist, aber im Abschnitt “Zusammenwirken zwischen den Organen der militärischen und der zivilen Verteidigung in Verteidigungsangelegenheiten” noch nicht einmal erwähnt wird. Demnach würden Maßnahmen zum Schutz vor Bedrohungen aus dem Cyber-und Informationsraum zumindest im Rahmen der militärischen Verteidigung ohne Zusammenwirken mit der zivilen Verteidigung durchgeführt — eine Schlußfolgerung die im Hinblick auf eine kaum mögliche Abgrenzung zwischen militärischer und ziviler Nutzung des Cyber-und Informationsraums Fragen aufwirft …
Lesen Sie hier die gemeinsame BMVg-/BMI-Pressemitteilung
und die neuen Rahmenrichtlinien für die Gesamtverteidigung (RRGV)
sowie ergänzend dazu hier eine entsprechenden ES&T‑Meldung
und einen entsprechenden Artikel im “Behörden Spiegel”