Am 14. September 2023 war ich gemeinsam mit unserem Vorsitzenden, Herrn Oberst i.G. Kai Heß, für den Fernmeldering auf der 15. Koblenzer IT-Tagung vertreten. Dieses traditionell im Herbst stattfindende und 2004 von AFCEA Bonn e.V. und dem damaligen IT-Amt der Bundeswehr gemeinsam ins Leben gerufene Veranstaltungsformat ist seit geraumer Zeit ein jährliches Highlight im AFCEA-Veranstaltungskalender (Ausnahme die “Corona-Jahre” 2020 und 2021), an dem sich hochkarätige Militärs aus dem IT-Bereich mit Industrie und Wissenschaft zu einem Informationsaustausch zusammenfinden. Seit 2013 hat die AFCEA Bonn e.V. die Veranstaltung mit dem 2012 gegründeten BAAINBw weitergeführt, in diesem Jahr erneut unter dem Oberthema Künstliche Intelligenz & Innovation. In zwei Informationsblocks wurden die Themen ” Digitalisierungsplattform Bundeswehr” und “KI-Unterstützung in der Zivil-militärischen Zusammenarbeit” behandelt.
Etwas schwächer besucht als gewohnt, haben ranghohe Militärs der Luftwaffe diesmal das Bild dominiert. Nach den zwei Informationsblocks wurde in einer jeweils anschließenden Podiumsdiskussion das Thema abgerundet. Danach gab es insgesamt noch 12 Stationen, bei denen die Industrie, die Amtsseite und die Wissenschaft Vorführungen und Produktdemos anbot. Von denen konnte man drei für jeweils rund 30 Minuten besuchen — eine interessante neue Art eines Informationsraums für eine derartige Veranstaltung. Zum Abschluss gab es noch einen Vortrag “Out of the Box”, der uns in die Welt des Fußballs entführte. Aber der Reihe nach.
Nach der Begrüßung der über 300 angemeldeten Tagungsteilnehmer durch den Vorsitzenden der AFCEA Bonn e.V., Brigadegeneral Armin Fleischmann und der Einführung in die Tagung durch den Abteilungsleiter der Abteilung Informationstechnik des BAAINBw, Herrn Brigadegeneral Dr. Volker Pötsch, kam die Bürgermeisterin der Stadt Koblenz, Frau Ulrike Mohrs in Vertretung des Herrn David Langner, OB der Stadt Koblenz und Schirmherr der Veranstaltung, zu ihrem Grußwort. Sie hob die Bedeutung der Bundeswehr mit den rund 11.000 Soldaten und Bediensteten als wichtigen Arbeitgeber in Koblenz hervor. Als IT-Stadt sieht sich Koblenz eng mit der Bundeswehr verbunden. Sie führte weiter aus, dass sich die Stadt, wie viele andere Bereiche auch, mit einem Fachkräftemangel im IT-Bereich auseinandersetzen muss. Aber man werde sich dem Wandel stellen und gestaltend mit einem flächendeckenden Glasfasernetz auch der Bundeswehr eine leistungsfähige und sichere IT-Infrastruktur bereitstellen. Das sei insbesondere aufgrund der zahlenmäßig ansteigenden Cyber-Attacken im Netz von besonderer Bedeutung.
Mit der Keynote durch den Abteilungsleiter der Abteilung Cyber und Informationstechnik (CIT) im BMVg, Herrn Generalleutnant Michael Vetter, wurde schnell klar, dass mit der „Zeitenwende“ auch ein technischer Tsunami einhergeht. Nach seiner Meinung ändere sich mit der Steigerung der Sensorik auf allen Ebenen und in allen Bereichen im Prinzip alles auf dem Gefechtsfeld. Die Grundlagen der Operationsführung werden daher grundlegend angepasst werden müssen. Die Digitalisierung wird Treiber aller Weiterentwicklungen sein. „Der SDD-Zug hat den Bahnhof verlassen“ sagte er mit Blick auf die Notwendigkeit, dass künftig Entscheidungen noch schneller getroffen werden müssen. Mit „Software Defined Defence“ (SDD) seit ein neuer Begriff kreiert, der diese gravierenden Veränderungen verdeutlichen soll und eine KI-unterstützte Waffenwirkung mit einschließen muss.
Der Bedarf — aus Sicht Dimension Luft
Der erste Informationsblock widmete sich dem Thema „Digitalisierungsplattform Bundeswehr“. Mit Generalleutnant Lutz Kohlhaus, Stellvertreter des Inspekteurs der Luftwaffe, stieg zum 1. Vortrag gleich ein „Schwergewicht“ in den Informationsring. Ihm ging es naturgemäß um die Beschaffungen bei der TSK Luftwaffe. Zum Einstieg stellt er fest, dass durch die „barbarische Kriegsführung gegen zivile Einrichtungen“ im Ukraine-Krieg ein Schock entstanden ist, der unseren Blick wieder auf die Vorbereitung auf einen Krieg gelenkt hat. Wiederholt sagte er, dass ihn zu allererst die Beschaffungen und Verbesserungen interessieren, die innerhalb von 2 bis 4 Jahren verfügbar sind. Ihm sei bewusst, dass dieser Beschaffungszeitrahmen bei Plattformen Utopie sei, aber rasche Verbesserungen bei den Führungsinformationssystemen sehr wohl möglich und auch notwendig sind. Führungsfähigkeit muss bei der Weiterentwicklung das zentrale Thema der Zukunft sein. Da Personal, insbesondere Fachpersonal, ein begrenzender Faktor ist und bleiben wird, muss die Ausbildungszeit minimiert werden. Das heißt im Umkehrschluss, dass auch hochkomplexe Systeme einfacher in der Bedienbarkeit werden müssen. Er strich heraus, dass eine hohe Mobilität der Systeme überaus wichtig ist und das System der logistischen Unterstützung im sogenannten „Reach Back“ unverzichtbar ist (damit ist die logistische und fachlichen Abstützung auf Fähigkeiten im Heimatland gemeint — Anm. des Autors).
Die Bedarfsdeckung
Zum 2. Vortrag traten Herr Brigadegeneral Michael Volkmer (Kdr ZDigBw) und Herr Brigadegeneral Dr. Volker Pötsch (AbtLtr I BAAINBw) gemeinsam auf. Harmonie von Bedarfsträger und Bedarfsdecker? Auf jeden Fall eine engere und zielgerichtete Zusammenarbeit in der Beschaffung, versicherten beide. Als erste Maßnahme des CIR 2.0 stellte Brigadegeneral Volkmer die Aufstellung seiner neuen Dienstelle zum 01.10.2022 dar: das Zentrum für Digitalisierung der Bundeswehr (ZDigBw). Nach seiner Wahrnehmung sei mit den neuen Strukturen die Zusammenarbeit zwischen Bedarfsträger und Bedarfsdecker deutlich verbessert worden. Die Beschleunigung in den Abläufen (Voranalyse vier Wo; Analysephase 1 und 2 sechs Mon.) ist hier das übergeordnete Ziel. Nach Prüfung aller Bedarfe und der hier abgeschlossenen Priorisierung erfolgt die Übergabe ans BAAINBw als Beschaffer. Für Brigadegeneral Pötsch ist die Basis für eine erfolgreiche Beschaffung die Beschreibung konkreter Szenare und eine ehrliche, lösungsorientierte Kommunikation, auch mit der Industrie, um daraus belastbare Beschaffungszusagen abzuleiten. Es gilt, die IT-affinen Plattformen und Waffensysteme in einen wirksamen Systemverbund zu integrieren und dabei die Systemhäuser eng mit einzubinden. Am Ende sind sich die beiden Brigadegenerale einig: wir werden besser und schneller.
Der Beitrag der Industrie
Im 3. Vortag sollte ein Vertreter der Industrie seine Sicht zur Beschaffung darstellen. Herr Wolfgang Schneider (Senior Partner u. Ltr Situational Awareness, IBM) steckte mit dem Blick auf die Landes- und Bündnisverteidigung den Rahmen für seine Sichtweise ab. Dabei legte er Wert auf die aus seiner Sicht notwendige Luftüberlegenheit und die Hoheit im Cyber- und Informationsraum für eine erfolgreiche Verteidigung. Die Fähigkeit zur vernetzten Operationsführung ist dabei für den Einsatz im Verbund der Waffensysteme evident. Kritisch merkte er an, dass sich bis heute aus seiner Sicht der „regulative Rahmen“ seit der Zeit der Fusionierung von IT-AmtBw und BWB (Okt. 2012; Anm. des Autors) noch nicht geändert hätten. Die Digitalisierung im Verbund denken, ist notwendig. Es gibt im Prinzip keine Beschaffungsvorhaben mehr, wo nicht Digitalisierung mit bedacht werden muss. Und darum muss die Industrie aus seiner Sicht schon früh in den Beschaffungsprozess eingebunden werden und mitwirken dürfen (rechtliche Einschränkungen im Vergaberecht behindern dies teilweise — Anm. des Autors).
Im nachfolgenden Panel mit den vier Vortragen begann der Moderator, Herr Ron Simon (AFCEA Bonn e.V.) dann mit einem Zitat von Generalleutnant Kohlhaus: „Schluss damit — mit 20 Jahren Beschaffung. Schluss damit — mit 20 Jahren Entwicklung.“ Quintessenz aus der Podiumsdiskussion war, dass Marktverfügbarkeit und Standardisierung wichtig seien, aber auch Modularität in allen Bereichen erstrebenswert sei. Damit wurde ein klares Votum gegen monolithische Systeme dokumentiert. Das Vergaberecht muss agileres Beschaffen ermöglichen, eventuell können Rahmenverträge Teil der Lösung sein. In einer Frage aus dem Plenum wurde die Ausfallsicherheit durch den Einsatz analoge Systeme thematisiert und auch die Idee, dass große Mengen (z.B. beim Einsatz von Drohnen) einen Unterschied machen könnten (quantity matter).
Am Nachmittag war im Block 2 die KI-Unterstützung in der zivil-militärischen Zusammenarbeit (ZMZ) das Thema. Dabei sollte diskutiert werden, welche unterschiedlichen Forderungen an die IT in der Bundeswehr und auf der zivilen Seite existieren. Und es sollte die Frage beleuchtet werden, welche Beiträge die Industrie — unter Anwendung der KI — heute zur Unterstützung der ZMZ liefern kann.
Die militärische Sicht
Im 4. Vortrag des Tages stellte Herr Oberst i.G. Armin Schaus (Kdr Multinational CIMIC Command) zunächst die militärische Sicht auf die ZMZ dar. Er führte aus, dass häufig zu Beginn eines Katastrophenfalls eine “Chaoslage” mit vielfältigen Beiträgen zum Lagebild aus den unterschiedlichsten Quellen eine Lagefeststellung erschweren. Daraus folge für ihn die Frage, ob bei der Informationsauswertung KI hilfreich unterstützen könne. Und ob auch die Bewertung und Folgerung durch KI geleistet werde könne. Dabei kam er auf ein gemeinsames militärisch-ziviles Lagebild zu sprechen. Bei einem sogenannten “Big Picture Terr Hub” könnten Sicherheitsbetrachtungen durchaus erschwerend wirken, da nicht alle zivilen und militärischen Player die gleichen Rechte beim Zugriff auf unterschiedlich eingestufte Informationen hätten. Das komplizierte, in sich verschachtelte System aus den Bereichen Bundeswehr, multinationale Streitkräfte, den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) und zivilen Dienststellen dürften bei den unterschiedlichen Rechten und Rollen der verschiedener Nutzer dabei die Nutzung relevanter Daten und einen bedienerfreundlichen Zugriff aber nicht behindern. Darüber hinaus sei eine intuitive Bedienbarkeit eines “Einsatztools” für das unbedingt notwendige gemeinsame Lagebild überaus wichtig.
Die zivile Sicht
Der zweite Nachmittagsvortrag von Herrn Giulio Gullotta (AbtLtr III, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe) war überaus kurzweilig, aber auch sehr kritisch in der Bewertung mit dem IST-Zustand des Katastrophenschutzes und der ZMZ. Die hier in der Vergangenheit und auch heute genutzten Tools (deNIS II Plus, DaVis) wären bisher aus seiner Sicht keine Erfolgsgeschichten gewesen. Und er stellte die Frage, warum die wichtige Teilinformation “Lagebild Bevölkerungsverhalten” nicht aus der Fernsehberichterstattung und den Informationen aus dem Radio hinzugezogen werde könnten. Um der Datenfülle — dem Datenbombardement, wie Herr Gulotta es ausdrückte — Herr werden zu können, ist zum einen Kenntnisfülle und zum anderen eine schnellere und effektivere Auswertung und Bewertung aller relevanter Daten erforderlich. Inwieweit der Einsatz von KI hier hilfreich sein könnte, sollte zumindest untersucht werden.
Der Beitrag der Industrie
Im 6. und letzten Fachvortrag des Tages hat Herr Frank Rudolf (Executive Consultant, AI Expert, Firma CGI) produktunabhängig dargestellt, welche Möglichkeiten durch AI (artificial intelligence) bzw. KI (deutsche Abkürzung — künstliche Intelligenz) mit der breiten Palette von Apps und Tools zur Erfassung und Auswertung, aber auch zur Weiterleitung von Informationen an relevante Stellen verfügbar sind. Zunächst stellte er dar, wo wir uns bei der Nutzung von KI heute befinden. Wir nutzen entsprechende Systeme schon länger bei der Unterstützung von vielen Geschäftsprozessen, z.B. beim der Ausfüllen und Übertragen von Formularen. Aber die automatisierte Erfassung und Auswertung, z.B. von einfachen Formularen oder Texten, steckt aktuell noch in den Kinderschuhen. Schließlich stellte er fest, dass es wohl erst Ende der 2020er Jahre eine KI mit Entscheidungsfähigkeit geben wird. Bis dahin aber werden entsprechende Apps und Tools beim Erkennen, Extrahieren und den reinen Rechenprozessen helfen können, um dem Menschen bei der Entscheidungsfindung mit der Auswertung und Darstellung von Daten deutlich schneller und exakter zu unterstützen. Hier gilt es jetzt, diejenigen Apps und Tools auszuwählen und im Anschluss zu “schulen”, um ein bewertetes Gesamtbild einer Lage aus allen verfügbaren Quellen zu erstellen. Das ist durch die Integration von AI in die vielen verschiedenen Services zu leisten, um eine erhöhte Wartbarkeit und eine bessere Skalierbarkeit zu erreichen und Mehrfachnutzungen zu ermöglichen.
Die Vorträge, wie auch die anschließende durch Herrn Kevin Thiele (Vorstandsmitglied der AFCEA) geleitete Paneldiskussion zeigten, dass in der ZMZ doch noch einiges im Argen liegt und dass die Vielfalt, die Komplexität und die Datenfülle eine rasche und wirksame Arbeit im Katastrophenfall auch heute noch stark behindert. Und darum ist sie noch deutlich verbesserungswürdig. Ob AI bzw. KI dabei in der Zukunft helfen wird, hängt m.E. vor allem davon ab, ob es gelingt, über die Hürden der unterschiedlichen Einstufungen von Informationen (Vertraulichkeit, gesichert etc.) ein verlässliches Lagebild zu generieren, auf dessen Basis auch Entscheidungen getroffen werden können. Die Nutzung von AI bzw. KI steht noch deutlich am Anfang, aber die sich anbahnenden Möglichkeiten sind überaus vielversprechend und könnten in diesem nicht unproblematischen Aufgabenbereich einen Durchbruch erzielen.
Schließlich wechselten wir vom großen Vortragssaal in den “Innovationsraum”, in dem jeder Besucher die drei selbst ausgewählten Stationen mit den Produktdarstellungen besuchen konnte. Ich habe die Stände von Eviden Germany GmbH, Infodas GmbH und Systematic GmbH, die gemeinsam mit dem Planungsamt der Bundeswehr auftrat, besucht. Ich möchte an dieser Stelle aber nur über die Firma Eviden berichten, die auf ihrem Stand ein System des “Taktischen Manned Unmanned Teaming” (Zusammenarbeit von bemannten und unbemannten Systemen) vorstellte. Dabei werden Aufklärungsdrohnen über eine spezielle Middleware automatisch und mit hoher Ausfallsicherheit zur Überwachung eines Gefechtsstreifens eingesetzt. Das System soll eine nahtlose Kommunikation zwischen den Soldaten und den Drohnen ermöglichen. Die Ablösung oder auch Ausfälle von Drohnen werden automatisch über eine “Schwarm-Software” realisiert, ohne dass ein Mensch eingeschaltet werden muss.
Zurückgekehrt in den großen Vortragssaal hielt Herr Professor Dr. Daniel Memmert von der Sporthochschule Köln seinen “Out of the Box”-Vortrag und führte uns in die Welt der wissenschaftlichen Erforschung der Fußballs ein. Dabei wird auch KI eingesetzt, um Spiele der Bundesliga zu analysieren (z.B. Laufwege, Distanzen etc.) bezüglich der Effektivität bestimmter Maßnahmen, um siegreich vom Platz zu gehen. Insgesamt rund 300 Start-ups gäbe es im Sportbereich, die sich mit Datenanalysen beschäftigen und damit Geld verdienen. Die Auswertung von Fußballspielen ergebe übrigens, dass Ballbesitz und die Laufdistanzen von Einzelspielern und Mannschaften eher unerheblich für die Sieg-Chancen sind — erfolgreiches Pressing dagegen die Erfolgsaussichten deutlich verbesserten. Haben wir “Fußballexperten” das nicht alle längst gewusst?
Dann folgte die Vergabe der Studienpreise, die die AFCEA Bonn e.V. seit vielen Jahren mit attraktiven Geldpreisen (in diesem Jahr 1. Preis 6000 €, zwei 2. Preise à 4000 € und drei 3. Preise à 2000 €) für herausragende Master‑, bzw. Diplom‑, oder Magisterarbeiten auf den Gebieten Angewandter Informatik, Nachrichtentechnik oder Automatisierungstechnik erstellt haben. Zum Abschluss eines langen und informativen Tages konnten die Teilnehmer der Tagung dann beim sogenannten “Koblenzer Abend” bei Speis und Trank in den abendlichen Informationsaustausch eintreten und sich über die Tagung und alle anderen Themen, die die Welt bewegen, austauschen.
Auch neben den Vorträgen der Veranstaltung gab es in den Pausen interessante Gespräche, die nicht alle mit dem Thema der Tagung zu tun hatten. In einer Kaffeepause stand ich mit dem Generalleutnant a.D. Kurt Herrmann und einem Oberstleutnant a.D. (Name ist dem Autor bekannt) zusammen. Im Rahmen des Gesprächs kamen wir schließlich auf die Russland-Politik zu sprechen. Der General hatte aus seiner Dienstzeit einen NATO-Dienstposten in Moskau und zeichnete über Russland ein sehr klares Bild einer Macht mit imperialistischen Zielen. Er erläuterte, dass für ihn bereits 2005 erkennbar gewesen sei, dass der russische Präsident Putin irgendwann militärische Mittel zur Durchsetzung seiner Vorstellungen zum Wiedererlangen einer Großmachtstellung einsetzen würde. Der Krieg in der Ukraine, nicht der erste unter Putin, habe 2008 begonnen und er sei noch lange nicht zu Ende, so das Fazit des Generals. Der Oberstleutnant a.D., der sich selbst als “Putin-Versteher” bezeichnete, irritierte mich deutlich mit seiner Sicht, dass Russland durch die NATO aufgrund ihrer unaufhaltsamen “Ost-Erweiterungen” im Prinzip aus Selbstschutzgründen gezwungen wurde, militärisch dagegen vorzugehen. Und das sein nun in der Ukraine geschehen. Eine lebhafte Diskussion entwickelte sich, kontrovers aber freundlich. Letztlich unbestritten von allen Teilnehmern der kleinen Diskussionsrunde war die Tatsache, dass Russland das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine verletzt und seine eigene Bestandsgarantie durch ihren Angriffskrieg gegen die Ukraine gebrochen hat[1].
Insgesamt hat die AFCEA Bonn e.V. wieder ein interessantes Programm zusammengestellt, das die Besucher durch die Erweiterung mit den 12 Vorführungen und Produktdemonstrationen eine praktische Dimension zum “Anfassen” hinzugefügt hat.
Oberst a.D. Peter Warnicke war in seiner letzten aktiven Verwendung als Referatsleiter im BAAINBw zuständig für Entwicklung, Beschaffung und Nutzung im Bereich von Netzen/Netzwerken und ist derzeit Kassenwart des Fm-Rings e.V..
[1] Die Ukraine war bis 1994 eine Atommacht. Ihre Nuklearwaffen hat sie im Rahmen des Beitritts zum Atomwaffensperrvertrag gegen Sicherheitsgarantien aufgegeben und an Russland übergeben bzw. zerstört. Das sogenannte Budapester Memorandum wurde am 5. Dezember 1994 auf dem Gipfel der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) unterzeichnet. Darin sicherten die USA, Großbritannien und Russland der Regierung in Kiew unter anderem zu, die Unabhängigkeit und “die existierenden Grenzen” der Ukraine zu respektieren.