Tafel 15 der Bildtafelausstellung  „Fernmeldetruppen – Gestern und heute“

Nach Vor­stel­lung der Bild­ta­feln zum gleich­zei­ti­gen „Dop­pel­be­trieb“ von Tele­gra­phie und Tele­pho­nie auf einer Tele­gra­phen­lei­tung sowie zu den „Bal­lon­sta­tio­nen“ und zum Fuhr­park der Funk­sta­tio­nen wird die Serie zu o.a. Bild­ta­fel­aus­stel­lung mit der Vor­stel­lung der Bild­ta­fel zum Ein­satz der Tele­gra­phen­trup­pe in Nord-Chi­na (1900/01) und in Süd­west-Afri­ka (1904 — 1907) fort­ge­setzt.

Oberst a.D. Peter Uffel­mann

Bereits ca. neun Mona­te nach Beginn von Auf­stel­lung und Auf­bau der preuß. Tele­gra­phen­ba­tail­lo­ne hat­ten die­se ab Ende Juni 1900 Frei­wil­li­ge und Mate­ri­al aller drei Tele­gra­phen-Batail­lo­ne abzu­stel­len, um zunächst ein Tele­gra­phen-Detache­ment in Zug­stär­ke für das zunächst nach Nord­chi­na in Marsch gesetz­te bri­ga­de­star­ke deut­sche Mari­ne-Expe­di­ti­ons­korps auf­zu­stel­len und ab Anfang Juli – unter Ein­glie­de­rung des Mari­ne-Tele­gra­phen-Detache­ments – eine kom­plet­te Korps-Tele­gra­phen­ab­tei­lung in Kom­pa­nie­stär­ke für das gesam­te, nun divi­si­ons­star­ke deut­sche „Ost­asia­ti­sche Expe­di­ti­ons­korps“.

Zum Bei­spiel stell­te das Koblen­zer Tele­gra­phen­ba­tail­lon 3 für das Mari­ne-Tele­gra­phen-Detache­ment einen Unter­of­fi­zier und fünf Mann­schaf­ten, für die Korps-Tele­gra­phen­ab­tei­lung zusätz­lich einen Offi­zier, 11 Unter­of­fi­zie­re und 32 Mann­schaf­ten ab.

Bild: Das deut­sche „Ost­asia­ti­sche Expe­di­ti­ons­korps“

Hin­ter­grund die­ses ers­ten Aus­lands­ein­sat­zes der neu­en Tele­gra­phen­trup­pe war die deut­sche Betei­li­gung an einer inter­na­tio­na­len Streit­macht der „Ver­ei­nig­ten acht Staa­ten“, einer tem­po­rä­ren Alli­anz aus Öster­reich-Ungarn, Frank­reich, Deutsch­land, Ita­li­en, Japan, Ruß­land, Groß­bri­tan­ni­en und den USA, zur Nie­der­schla­gung des soge­nann­ten „Boxer­auf­stands“ gegen Aus­län­der, Mis­sio­na­re sowie Chris­ten in Nord­chi­na, zum Ent­satz des dabei bela­ger­ten Gesand­schafts­vier­tels in Peking und zur anschlie­ßen­den Beset­zung von Tei­len Nord­chi­nas. Deutsch­land war in die­sen Kon­flikt invol­viert, weil es ab Ende 1897 den nord­chi­ne­si­schen Hafen von Kiautschou/Tsingtau als Flot­ten­stütz­punkt für sein Ost­asi­en-Geschwa­der sowie das koh­le- und erz­rei­che Hin­ter­land als Sprung­brett für die Aus­wei­tung sei­ner kolo­nia­len Expan­si­ons­be­stre­bun­gen in Besitz genom­men und ab 1898 von Chi­na gepach­tet hat­te. 

Bild: Das Gebiet des „Boxer­auf­stands“ und die „Straf­ex­pe­di­tio­nen“ der „Ver­ei­nig­ten acht Staa­ten“ in Nord­chi­na 

Nach ihrer Schiffs­pas­sa­ge und Lan­dung am 7. Sep­tem­ber 1900 in Taku, in der Nähe von Tianjin/Tientsin und ca. 180 km süd­ost­wärts von Peking – dabei stürz­te die ein­zi­ge mit­ge­führ­te Funk­sta­ti­on ins Was­ser – began­nen die Bau­zü­ge der Korps-Tele­gra­phen­ab­tei­lung des deut­schen „Ost­asia­ti­schen Expe­di­ti­ons­korps“ mit umfang­rei­chen Lei­tungs­bau­ten, um zusam­men mit japa­ni­schen Sol­da­ten die jeweils not­wen­di­gen tele­gra­phen­tech­ni­schen Vor­aus­set­zun­gen für soge­nann­te „Straf­ex­pe­di­tio­nen“ zu schaf­fen, die bis Mai 1901 Nord­chi­na von Auf­stän­di­schen und chi­ne­si­schen Regie­rungs­trup­pen „säu­bern“ soll­ten. Dabei wur­den von deut­schen Tele­gra­phen­trup­pen 1.200 km Feld-Dau­er­li­ni­en und 400 km Feld­ka­bel­li­ni­en gebaut sowie umfang­rei­che Erfah­run­gen im feld­mä­ßi­gen Fern­sprech­be­trieb gesam­melt. 

Bild: Von der Korps-Tele­gra­phen­ab­tei­lung des Ost­asia­ti­schen Expe­di­ti­ons­korps in Chi­na errich­te­te Tele­gra­phen­li­ni­en


Im Rah­men der Ver­stär­kung der Schutz­trup­pe für Deutsch-Süd­west­afri­ka (heu­te: Nami­bia) im Früh­jahr 1904 zur Nie­der­schla­gung des Here­ro-Auf­stands wur­de ab Ende April – ergän­zend zu den bereits dort vor­han­de­nen sta­tio­nä­ren Funk­stel­len – auch ein „Detache­ment zur Bedie­nung von Fun­ken­te­le­gra­phie­sta­tio­nen in Süd­west­afri­ka“ in Zug­stär­ke aus Frei­wil­li­gen als Fun­ken-Tele­gra­phen­ab­tei­lung „Süd­west­afri­ka“ beim Luft­schif­fer-Batail­lon* auf­ge­stellt, das bereits nach neun Tagen abmarsch­be­reit war.

* Da die Inspek­ti­on der Tele­gra­phen­trup­pen zunächst jeg­li­che Zustän­dig­keit für die Funk­tech­nik abge­lehnt hat­te, war ab 1. Okto­ber 1902 eine kom­pa­nie­star­ke „Fun­ken-Tele­gra­phen­ab­tei­lung“ beim Luft­schif­fer-Batail­lon auf­ge­stellt wor­den. Erst zum 1. Mai 1905 wur­de die­se dem Tele­gra­phen-Batail­lon Nr. 1 zuge­ord­net.

Bild: Fun­ken-Tele­gra­phen­ab­tei­lung „Süd­west­afri­ka“

Ende Mai 1904 lan­de­te die Fun­ken-Tele­gra­phen­ab­tei­lung „Süd­west­afri­ka“ nach einer ein­mo­na­ti­gen Schiffs­pas­sa­ge in Swa­kop­mund. Sie bestand aus vier Offi­zie­ren, vier Unter­of­fi­zie­ren und 27 Fun­kern (4/4/27/35), die in Süd­west­afri­ka mit ihrem sei­ner­zeit moderns­tem und neu­es­tem, ver­le­ge­fä­hi­gem – wenn auch noch nicht ganz aus­ge­reif­tem – mili­tä­ri­schem Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel erst­mals für die Krieg­füh­rung her­an­ge­zo­gen wur­de. Ihr war zudem ein außer­etat­mä­ßi­ges Ver­suchs­kom­man­do zuge­teilt, was die 8/4/40/52 auf dem o.a. Bild erklärt.
Zu ihrer Aus­rüs­tung zähl­ten drei mobi­le Funk­sta­tio­nen, die jeweils inner­halb von 10 — 15 Minu­ten auf­ge­baut und ein­satz­be­reit gemacht wer­den konn­ten: Sta­ti­on 1 bestand aus je einem Apparate‑,  Motor- sowie Gerä­te­kar­ren und war die neu­es­te der drei für Süd­west­afri­ka bestimm­ten Funk­sta­tio­nen. Sta­ti­on 2 hin­ge­gen war eine Prot­zen­wa­gen­sta­ti­on, die bereits 1900 von Sie­mens & Hals­ke in Ber­lin gebaut, im Win­ter 1903/1904 umge­baut und mit dem Tele­fun­ken-Sys­tem aus­ge­stat­tet wor­den war. Auch Sta­ti­on 3 befand sich auf einem Prot­zen­wa­gen, der schon 1902 von Sie­mens & Hals­ke in Ber­lin gebaut und spä­ter umge­rüs­tet wor­den war.       
Zur Anpas­sung an afri­ka­ni­sche Ver­hält­nis­se wur­den die Funk­kar­ren mit acht Och­sen, die Funk­wa­gen mit 20 Och­sen bespannt.

Bild: Bal­lon-Funk­sta­ti­on in Deutsch-Süd­west­afri­ka

Die güns­tigs­ten Betriebs­zei­ten die­ser Funk­sta­tio­nen lagen bei der ver­wen­de­ten Fre­quenz von ca. 343 kHz im unte­ren Mit­tel­wel­len­be­reich unter afri­ka­ni­schen Kli­ma­be­din­gun­gen in den frü­hen Vor­mit­tags­stun­den und kurz vor Son­nen­un­ter­gang. Tags­über behin­der­ten meist böige Win­de den Start der Bal­lo­ne bzw. Dra­chen zum Auf­zug der Anten­nen bzw. die in Süd­west­afri­ka häu­fig auf­tre­ten­den Wir­bel­win­de lie­ßen sie abstür­zen und nachts waren die atmo­sphä­ri­schen Stö­run­gen bzw. Inter­fe­ren­zen auf­grund von Raum­wel­len­aus­brei­tung über­mä­ßig stark.    
Von Nach­teil erwies sich auch das in Deutsch-Süd­west­afri­ka weit ver­brei­te­te Dorn­busch­ge­län­de für das Auf­stei­gen und Ablas­sen der Dra­chen oder Bal­lons mit den Anten­nen, wobei ins­be­son­de­re die Bal­lo­ne oft zer­ris­sen. Trotz­dem wur­den Reich­wei­ten von bis zu 150 km erzielt, die in Deutsch­land mit glei­chen Funk­sta­tio­nen nicht annä­hernd mög­lich waren. 

Dar­über hin­aus wur­den mit den Ver­stär­kungs­kräf­ten auch eine Feld-Tele­gra­phen- und eine Feld-Signal­ab­tei­lung zur Ergän­zung und Erwei­te­rung der fes­ten Tele­gra­phen- und Helio­gra­phen­li­ni­en in Deutsch-Süd­west­afri­ka dort­hin ver­legt, die spä­ter noch um je eine wei­te­re Feld- und Funk-Tele­gra­phen­ab­tei­lung ergänzt wur­den.  
Zum Bei­spiel hat­te das Koblen­zer Tele­gra­phen­ba­tail­lon 3 hier­bei im Zeit­raum 1904 — 1906 sie­ben Offi­zie­re, 14 Unter­of­fi­zie­re und 37 Mann­schaf­ten abzu­stel­len.

Die Feld-Signal­ab­tei­lung bestand aus neun Offi­zie­ren und über 200 „Signa­lis­ten“ –  auch „Blin­ker“ genannt“, die 36 Helio­gra­phen und 71 Signal­ap­pa­ra­te bedien­ten, die jeweils mit einem Pferd oder Maul­tier trans­por­tiert wur­den. Auf­wen­di­ger war die Beför­de­rung der Betriebs­stof­fe für die Lam­pen der Signal­ap­pa­ra­te, Kar­bid und Was­ser (zur Erzeu­gung von Ace­tylen) sowie des Sau­er­stoffs, da sich der Sau­er­stoff in schwe­ren Druck­fla­schen befand.    
Nachts konn­ten Mor­se-Tele­gram­me mit den Lam­pen der Signal­ap­pa­ra­te auf Distan­zen von 60 bis 150 Kilo­me­tern über­mit­telt wer­den. Die Licht­blit­ze der Helio­gra­phen bzw. Spie­gel­te­le­gra­phen, mit denen sich Mor­se-Tele­gram­me­per Son­nen­licht in Rich­tung einer Gegen­stel­le „spie­geln“ lie­ßen, waren tags­über bis auf eine Distanz von 50 bis über 70 Kilo­me­tern mit Tele­sko­pen gut wahr­nehm­bar.

Bild: Helio­graph

Den meist als „Kolon­nen“ ein­ge­setz­ten Kräf­ten der deut­schen Schutz­trup­pe wur­den jeweils berit­te­ne Feld-Signal­trupps mit ca. 20 — 30 „Signa­lis­ten“ zuge­ord­net, die auf den lan­gen Mär­schen die Ver­bin­dun­gen weit­ge­hend hal­ten konn­ten.

Bild: Feld-Signal­trupp im Ein­satz im Nor­den von Deutsch-Süd­west­afri­ka

Feld-Signal­ver­bin­dun­gen eig­ne­ten sich in Deutsch-Süd­west­afri­ka des­halb so gut, weil das Ver­le­gen von Tele­gra­phen­ka­bel durch die Feld-Tele­gra­phen­ab­tei­lung in dem gebir­gi­gen und unwirt­li­chen Land sowie bei den meist gro­ßen zu über­brü­cken­den Ent­fer­nun­gen sehr auf­wen­dig war. Zudem bestand bei Kabel­te­le­gra­phie die Gefahr, daß die Kabel durch den Geg­ner, Tie­re oder durch die rau­hen kli­ma­ti­schen Bedin­gun­gen durch­trennt bzw. beschä­digt wer­den konn­ten. Des Wei­te­ren ist die Zahl der Son­nen­ta­ge in die­ser Regi­on sehr hoch, was den Ein­satz von Helio­gra­phen zusätz­lich recht­fer­tig­te.
Feld-Signal­ver­bin­dun­gen wur­den des­halb in Deutsch-Süd­west­afri­ka ins­be­son­de­re dort ein­ge­rich­tet, wo die Ver­le­gung eines Tele­gra­phen­ka­bels nur schwer mög­lich war oder sich nicht lohn­te. Im Ver­gleich zur Feld- bzw. Funk­te­le­gra­phie war aller­dings die nied­ri­ge­re Über­tra­gungs­ge­schwin­dig­keit, die Abhän­gig­keit von „Hohen Punk­ten“ sowie der grö­ße­re Per­so­nal- und Mate­ri­al­auf­wand für Relais­sta­tio­nen bei zu über­brü­cken­den Ent­fer­nun­gen von über 50 — 150 km nach­tei­li­ger. 

Zu einem grö­ße­ren Ein­satz von Funk- bzw. Feld-Signal­trupps der Fun­ken-Tele­gra­phen­ab­tei­lung „Süd­west­afri­ka“ und der Feld-Signal­ab­tei­lung kam es am 11./12. August 1904 im Rah­men der soge­nann­ten „Schlacht am Water­berg“ zwi­schen ca. 4.000 Mann der Schutz­trup­pe (einschl. ein­hei­mi­scher Hilfs­trup­pen) und ca. 6.000 Here­ro-Krie­gern.

Bild: Schlacht am Water­berg

Dabei soll­ten zwi­schen den kon­zen­trisch vor­ge­hen­den und angrei­fen­den sechs Abtei­lun­gen der Schutz­trup­pe sowie dem deut­schen Haupt­quar­tier am Water­berg drei Feld-Signal­ver­bin­dun­gen über Ent­fer­nun­gen von 35, 70 und 125 km (hier jeweils mit Relais) sowie zwei Funk­ver­bin­dun­gen über Ent­fer­nun­gen von 40 bzw. 75 km her­ge­stellt und gehal­ten wer­den. 

Bild: Feld-Signal‑, ‑Tele­gra­phen- und Kaval­le­rie-Tele­gra­phen­ver­bin­dun­gen vor der Schlacht am Water­berg
Bild: Sche­ma der deut­schen Funk- und Helio­gra­phen­ver­bin­dun­gen am 11. August 1904 wäh­rend der Kämp­fe am Water­berg

Ent­schei­dend war hier­bei der Ein­satz einer Feld-Signal­sta­ti­on auf dem über­ra­gen­den Water­berg, der zusätz­li­che Feld-Signal­ver­bin­dun­gen zu allen Abtei­lun­gen ermög­lich­te. 

Bild: Blick auf den Water­berg

Dar­über hin­aus bestand vom deut­schen Haupt­quar­tier am Water­berg über eine Feld-Tele­gra­phen­ver­bin­dung nach Swa­kop­mund auch Ver­bin­dung bis nach Deutsch­land.

Die in den Kämp­fen am Water­berg ein­ge­setz­ten Funk- sowie Licht­si­gnal­mit­tel ermög­lich­ten abso­lu­te Infor­ma­ti­ons­über­le­gen­heit gegen­über den Auf­stän­di­schen, die mit Trom­mel­zei­chen geführt wur­den, und tru­gen wesent­lich zum Erfolg der Schutz­trup­pe bei, auch wenn es durch zum Teil unzweck­mä­ßi­gen bzw. sogar feh­ler­haf­ten Ein­satz der Funk- und Feld-Signal­sta­tio­nen durch die Abtei­lun­gen der Schutz­trup­pe zu einer Zer­split­te­rung statt kon­zen­tri­schem Ein­satz der deut­schen Kräf­te kam: Nach unglei­chem Kampf – 14 Maschi­nen­ge­weh­re und 36 Feld­ge­schüt­ze gegen Schrot­flin­ten und Spee­re – blieb den ins­ge­samt über 60.000 Stam­mes­an­ge­hö­ri­gen der Here­ros nur noch der Weg in das was­ser­lo­se Oma­he­ke-Sand­feld, wo bis Ende 1904 über rund 36.000 — 48.000 Män­ner, Frau­en und Kin­der ver­durs­te­ten, wonach der Here­ro-Auf­stand im Nor­den von Deutsch-Süd­west­afri­ka im Wesent­li­chen ende­te.         

Auf den Ver­fol­gungs­mär­schen im Oma­he­ke-Sand­feld kamen die drei Funk­sta­tio­nen aller­dings wegen ihrer Och­sen­be­span­nung nur lang­sam vor­an und konn­ten somit die Abtei­lun­gen der Schutz­trup­pe nicht beglei­ten. Auch stell­ten sich auf­grund der gro­ßen Hit­ze und des Stau­bes beim Funk­be­trieb grö­ße­re Pro­ble­me ein, wel­che die Arbeit der Funk­sta­tio­nen stark erschwer­ten. Den­noch war sich der Ober­be­fehls­ha­ber der deut­schen Schutztruppe,Generalleutnant Lothar von Tro­tha bewusst, wel­che Bedeu­tung die Funk­ver­bin­dun­gen bei den Gefech­ten am Water­berg gehabt hat­ten: „Sehr gut sind die Leis­tun­gen der Fun­ken­te­le­gra­phie gewe­sen. Sie erwies sich als ein durch­aus kriegs­brauch­ba­res Mit­tel einem Geg­ner gegen­über, der selbst nicht über Fun­ken­sta­tio­nen ver­fügt. Sie ist lei­der abhän­gig von der Wit­te­rung, was bei den hier ziem­lich plötz­lich auf­tre­ten­den atmo­sphä­ri­schen Stö­run­gen stark ins Gewicht fällt; fer­ner ist bei der hier ver­wen­de­ten Befes­ti­gungs­art des Drah­tes an einem Fes­sel­bal­lon und bei den schwie­ri­gen Nach­schub­ver­hält­nis­sen die nöti­ge Nach­fuhr des Was­ser­stof­fes in gro­ßen Men­gen sehr erschwert. Den­noch hat sich die Ein­rich­tung außer­or­dent­lich bewährt, und ihr Vor­han­den­sein war bei der ein­heit­li­chen Durch­füh­rung der Ope­ra­tio­nen von größ­ter Bedeu­tung.“ Spä­ter hat er geäu­ßert: „ Nach Water­berg habe ich nach Ber­lin berich­tet: Ohne die Feld­si­gnal-Abtei­lung hät­te ich die Ope­ra­tio­nen über­haupt nicht und ohne die Fun­ken­ab­tei­lung nur sehr schwer durch­füh­ren kön­nen.“

Die Ereig­nis­se wäh­rend der Kämp­fe am Water­berg zeig­ten aber auch, dass die ver­füg­ba­ren drei Funk­sta­tio­nen nicht aus­reich­ten, da nicht alle sechs Abtei­lun­gen der Schutz­trup­pe mit einer Funk­sta­ti­on aus­ge­stat­tet wer­den konn­ten. Dar­über hin­aus führ­te die Schwer­gän­gig­keit ihrer Trans­port­wa­gen und die Emp­find­lich­keit der tech­ni­schen Gerä­te, ins­be­son­de­re aber auch der Bal­lo­ne dazu, daß Funk­sta­tio­nen auf dem Marsch zurück­ge­las­sen wur­den und damit kei­ne Funk­ver­bin­dun­gen mehr bestan­den.            
Ein wei­te­res Man­ko bei der Kom­mu­ni­ka­ti­on wäh­rend die­ser Gefech­te war die per­so­nell unter­be­setz­te und mate­ri­ell unzu­rei­chend aus­ge­stat­te­te Feld-Signal­sta­ti­on auf dem Water­berg-Pla­teau, die nur über einen Helio­gra­phen ver­füg­te. Ange­sichts der Schlüs­sel­rol­le, die die­ser Sta­ti­on zukam, hät­te sie aber meh­re­re Helio­gra­phen und mehr „Signa­lis­ten“ gebraucht, da sie ein zen­tra­ler Kom­mu­ni­ka­ti­ons­punkt für alle Abtei­lun­gen der Schutz­trup­pe war, um mit ihrem Haupt­quar­tier in Ver­bin­dung zu tre­ten.

Ab Juli 1904 began­nen auch die Nama im Süden von Deutsch-Süd­west­afri­ka ihren Auf­stand gegen die deut­sche Kolo­ni­al­herr­schaft, in dem ab Ende 1904 ca. 1.000 — 2.000 Nama-Krie­ger 15.000 Sol­da­ten der deut­schen Schutz­trup­pe gegen­über­stan­den. Spä­ter waren es nur noch eini­ge hun­dert, die der Schutz­trup­pe einen jah­re­lan­gen zer­mür­ben­den Gue­ril­la­krieg ohne Aus­sicht auf einen Sieg lie­fer­ten, der erst 1907/08 zu einem Ende kam. Auch im Rah­men die­ses Klein­kriegs kamen die Feld-Signal­ab­tei­lung sowie die inzwi­schen jeweils bei­den Fun­ken-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen und Feld-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen viel­fach zum Ein­satz.

Bild: Deutsch-Süd­west­afri­ka

Aus den Erfah­run­gen der Schlacht am Water­berg setz­te man ins­be­son­de­re auf wei­te­re Funk­sta­tio­nen. Zudem woll­te man gera­de bei den Gue­ril­la­ge­fech­ten im Süden von Deutsch-Süd­west­afri­ka mobil und fle­xi­bel sein, wofür Funk­ver­bin­dun­gen zwi­schen den klei­ne­ren deut­schen Ein­hei­ten, die weit ver­streut ope­rier­ten, eine sehr gute Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mög­lich­keit waren. Zudem konn­ten durch meh­re­re Funk­sta­tio­nen auch weit­aus län­ge­re Funk­ver­bin­dun­gen her­ge­stellt wer­den, da die ein­zel­nen Funk­sta­tio­nen auch als Funk­wie­der­ho­ler die­nen konn­ten. Um somit bei der Ope­ra­ti­ons­füh­rung fle­xi­bler zu sein, bekam die 1. Fun­ken-Tele­gra­phen­ab­tei­lung Ver­stär­kung durch eine wei­te­re Fun­ken-Tele­gra­phen­ab­tei­lung aus Deutsch­land.           

Mit dem Ein­tref­fen der 2. Fun­ken-Tele­gra­phen­ab­tei­lung in einer Stär­ke von drei Offi­zie­ren, fünf Unter­of­fi­zie­ren, 30 Fun­kern und mit drei wei­te­ren Funk­sta­tio­nen im Febru­ar 1905 soll­ten die­se Plä­ne umge­setzt wer­den, obwohl sie weit­ge­hend aus schnell ange­lern­ten Sol­da­ten bestand, da das Luft­schif­fer­ba­tail­lon nicht genü­gend aus­ge­bil­de­tes Funk­per­so­nal hat­te.     
Ihre Funk­sta­tio­nen hat­ten jeweils einen Appa­ra­te­kar­ren aus­ge­stat­tet mit den Sen­de- und Emp­fangs­ap­pa­ra­ten, einen Motor­kar­ren mit u.a. einer Wech­sel­strom­dy­na­mo­ma­schi­ne sowie drei Gerä­te­kar­ren, auf denen sich Gas­fla­schen, Bal­lons und wei­te­re Ersatz­tei­le sowie sons­ti­ge Vor­rä­te befan­den. Mit die­sen neu­en Funk­sta­tio­nen konn­ten Ent­fer­nun­gen von 200 km bei Schreib­emp­fang und 300 km bei Hör­emp­fang, also grö­ße­re Reich­wei­ten erzielt wer­den, als es mit den schon vor­han­de­nen Funk­sta­tio­nen mög­lich war. Sie waren aber kom­pli­zier­ter zu bedie­nen und schwie­ri­ger zu behan­deln als die Funk­sta­tio­nen der 1. Fun­ken-Tele­gra­phen­ab­tei­lung, für den Ein­satz im rau­hen Süden Süd­west­afri­kas daher eher wenig geeig­net. Bei Umrüs­tung der Kar­ren auf afri­ka­ni­sche Ver­hält­nis­se Ende Febru­ar 1905 wur­den sie aus Man­gel an Tie­ren mit jeweils vier Pfer­den und sechs Maul­tie­ren bespannt, was die Mobi­li­tät auch die­ser Funk­sta­tio­nen wei­ter ein­schränk­te. 
Nach einem län­ge­ren Marsch in den vor­ge­se­he­nen Ein­satz­raum und nach­fol­gen­den Instand­set­zungs­ar­bei­ten war die 2. Fun­ken-Tele­gra­phen­ab­tei­lung erst ab Anfang Mai 1905 ein­satz­be­reit.

Auch die 2. Feld-Tele­gra­phen­ab­tei­lung wur­de ab Juni 1905 im Süden von Deutsch-Süd­west­afri­ka zum Bau von Feld-Tele­gra­phen­lei­tun­gen ein­ge­setzt. Zusam­men ver­leg­ten die bei­den Feld-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen in Deutsch-Süd­west­afri­ka ins­ge­samt bis zu 3.000 km Feld­ka­bel und setz­ten dabei über 20 Feld-Mor­se-Schreib­ap­pa­ra­te sowie ca. 50 Feld-Tele­pho­ne ein, mit denen ohne noch nicht ver­füg­ba­re Ver­stär­ker eine Sprech­ver­stän­di­gung bis zu 130 km mög­lich war.

Der gleich­zei­ti­ge Ein­satz der ver­schie­de­nen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel in Ver­bin­dung mit dem Ein­satz der Schutz­trup­pe brach­te vie­le Vor­tei­le mit sich: So konn­ten Ver­bin­dun­gen, die sehr fle­xi­bel sein muss­ten, durch die Fun­ken­te­le­gra­phie auf­recht erhal­ten wer­den und ande­re, die von grö­ße­rer Kon­ti­nui­tät waren, wur­den durch die Feld-Tele­gra­phie ermög­licht. Somit konn­te ein Kom­mu­ni­ka­ti­ons­netz für die Ein­sät­ze der Schutz­trup­pe im Süden von Deutsch-Süd­west­afri­ka auf­ge­baut wer­den, das die Koor­di­nie­rung ihrer Ein­sät­ze auch wäh­rend der Kampf­hand­lun­gen erleich­ter­te. Durch die­se Ver­net­zung von Feld‑, Funken‑, und Helio­gra­phen­te­le­gra­phie hat­te die Schutz­trup­pe den Nama tech­nisch gese­hen viel vor­aus. Aller­dings brach­te ihr die moder­ne Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik nur begrenz­ten Nut­zen, da sie den lan­des­kun­di­gen Nama im Gue­ril­la­krieg unter­le­gen war.
Bei den Ope­ra­tio­nen der Schutz­trup­pe gegen die Nama konn­ten aber die Fun­ken-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen eini­ge tech­ni­sche Rekor­de ver­bu­chen: So wur­de z.B. Mit­te Okto­ber 1905 eine sehr wei­te Funk­ver­bin­dung von ca. 300 km über Zwi­schen­ge­län­de von ca. 2.000 m Höhe erzielt, was eine funk­tech­ni­sche Höchst­leis­tung der dama­li­gen Zeit war.

Im August 1906 waren die gro­ßen Ope­ra­tio­nen der Schutz­trup­pe im Nama-Krieg vor­bei und es schloss sich ein Gue­ril­la­krieg an, der für die Funk­sta­tio­nen weni­ger Auf­ga­ben­fel­der bot, da die Schlacht­fel­der klein und weit ver­streut waren. Ein wei­te­rer Grund für die Been­di­gung des Funk­be­triebs war der kom­pli­zier­te Nach­schub von Ben­zin für die Strom­erzeu­ger­ag­gre­ga­te und von Gas für die Bal­lo­ne sowie der lang­sa­me und schwie­ri­ge Trans­port der Funk­sta­tio­nen auf ihren Kar­ren bzw. Prot­zen­wa­gen. Am 30. Sep­tem­ber 1906 erfolg­te des­halb die Auf­lö­sung der 2. Fun­ken-Tele­gra­phen­ab­tei­lung: Das Per­so­nal teil­te man den Kom­pa­nien der Schutz­trup­pe zu, das Mate­ri­al wur­de als Gerä­te­re­ser­ve in ein Fun­ken-Tele­gra­phie­de­pot abge­ge­ben. 
Bei Ende der Ope­ra­tio­nen in 1907 wur­de das Gerät der bei­den Fun­ken-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen in Wind­hoek gesam­melt, deren Funk­sta­tio­nen von 1904 — 1907 ins­ge­samt 17.875 km zurück­ge­legt hat­ten und an ins­ge­samt 212 Stand­or­ten ein­ge­setzt wor­den waren.

Ins­ge­samt war es sowohl in Nord­chi­na, als auch in Deutsch-Süd­west­afri­ka nur durch den Ein­satz der Tele­gra­phen­trup­pe und ihrer tech­ni­schen Infor­ma­ti­ons­über­tra­gungs­mit­tel mög­lich gewe­sen, die wei­ten Ent­fer­nun­gen und Räu­me zu über­win­den, was allein mit den sons­ti­gen, eher schwa­chen deut­schen Kräf­ten kaum mög­lich gewe­sen wäre.

Bild: Gedenk­ta­fel auf dem Gelän­de der ehe­ma­li­gen Boelcke-Kaser­ne in Koblenz-Rau­en­tal für die wäh­rend des Ein­sat­zes in Nord-Chi­na (1900/01) und in Deutsch-Süd­west­afri­ka (1904 — 1906) Gefal­le­nen des Tele­gra­phen­ba­tail­lons 3


Quel­le:

Tafel 15 der Bild­ta­fel­aus­stel­lung “Fern­mel­de­trup­pen – Ges­tern und heu­te”


Wei­te­re Quel­len und zusätz­li­che Infor­ma­tio­nen zum The­ma:

  1. Das Tele­gra­phen- und Nach­rich­ten­we­sen von den Anfän­gen bis 1939 nach Gene­ral­ma­jor Erich Fell­gie­bel – in: Tele­gra­phen-/ Nach­rich­ten-/ Fern­mel­de­trup­pen und Füh­rungs­diens­te – Füh­rungs­un­ter­stüt­zung seit 1899, Hrsg.: Fern­mel­de­ring e.V. 1999 – S. 19 ff.
  2. Das Tele­gra­phen- und Nach­rich­ten­we­sen in den Pacht- und Schutz­ge­bie­ten des Deut­schen Rei­ches – in: Tele­gra­phen-/ Nach­rich­ten-/ Fern­mel­de­trup­pen und Füh­rungs­diens­te – Füh­rungs­un­ter­stüt­zung seit 1899, Hrsg.: Fern­mel­de­ring e.V. 1999 – S. 67 ff.  
  3. Tele­gra­phen-/Nach­rich­ten-/Fern­mel­de­trup­pen und Füh­rungs­diens­te – Füh­rungs­un­ter­stüt­zung seit 1899, Hrsg.: Fern­mel­de­ring e.V. 1999 – S. 225 ff.
  4. Recke, Hans-Joa­chim: Die Ent­wick­lung der Tele­gra­phen- und Nach­rich­ten­trup­pe in: Anten­ne-Son­der­aus­ga­be „100 Jah­re Fern­mel­de­trup­pen“, FmS/FSHElT 1999 – S. 6 ff.
  5. „Das Tele­gra­phen-Batail­lon 3“ auf der Inter­net-Sei­te von Kame­rad­schaft der Fern­mel­der Koblenz/Lahnstein e.V. unter „Fm … und mehr“/„Historie“
  6. Wiki­pe­dia-Ein­trag zu „Boxer­auf­stand“
  7. Wiki­pe­dia-Ein­trag zu „Funk­sta­tio­nen in Deutsch-Süd­west­afri­ka“
  8. Wiki­pe­dia-Ein­trag zu „Helio­gra­phie der Schutz­trup­pe für Deutsch-Süd­west­afri­ka“
  9. Wiki­pe­dia-Ein­trag zu „Kar­bidlam­pe“
  10.  Man­tei, Sebas­ti­an: Von der „Sand­büch­se“ zum Kom­mu­ni­ka­ti­ons­netz­werk – Die  
     Ent­wick­lungs­ge­schich­te des Post- und Tele­gra­phen­we­sens in der Kolo­nie Deutsch-Süd­west­afri­ka (1884 — 1915), Dis­ser­ta­ti­on 2004
  11.  Wiki­pe­dia-Ein­trag zu „Schlacht am Water­berg“