Nach Vorstellung der Bildtafeln zum gleichzeitigen „Doppelbetrieb“ von Telegraphie und Telephonie auf einer Telegraphenleitung sowie zu den „Ballonstationen“ und zum Fuhrpark der Funkstationen wird die Serie zu o.a. Bildtafelausstellung mit der Vorstellung der Bildtafel zum Einsatz der Telegraphentruppe in Nord-China (1900/01) und in Südwest-Afrika (1904 — 1907) fortgesetzt.
Oberst a.D. Peter Uffelmann
Bereits ca. neun Monate nach Beginn von Aufstellung und Aufbau der preuß. Telegraphenbataillone hatten diese ab Ende Juni 1900 Freiwillige und Material aller drei Telegraphen-Bataillone abzustellen, um zunächst ein Telegraphen-Detachement in Zugstärke für das zunächst nach Nordchina in Marsch gesetzte brigadestarke deutsche Marine-Expeditionskorps aufzustellen und ab Anfang Juli – unter Eingliederung des Marine-Telegraphen-Detachements – eine komplette Korps-Telegraphenabteilung in Kompaniestärke für das gesamte, nun divisionsstarke deutsche „Ostasiatische Expeditionskorps“.
Zum Beispiel stellte das Koblenzer Telegraphenbataillon 3 für das Marine-Telegraphen-Detachement einen Unteroffizier und fünf Mannschaften, für die Korps-Telegraphenabteilung zusätzlich einen Offizier, 11 Unteroffiziere und 32 Mannschaften ab.
Bild: Das deutsche „Ostasiatische Expeditionskorps“
Hintergrund dieses ersten Auslandseinsatzes der neuen Telegraphentruppe war die deutsche Beteiligung an einer internationalen Streitmacht der „Vereinigten acht Staaten“, einer temporären Allianz aus Österreich-Ungarn, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Rußland, Großbritannien und den USA, zur Niederschlagung des sogenannten „Boxeraufstands“ gegen Ausländer, Missionare sowie Christen in Nordchina, zum Entsatz des dabei belagerten Gesandschaftsviertels in Peking und zur anschließenden Besetzung von Teilen Nordchinas. Deutschland war in diesen Konflikt involviert, weil es ab Ende 1897 den nordchinesischen Hafen von Kiautschou/Tsingtau als Flottenstützpunkt für sein Ostasien-Geschwader sowie das kohle- und erzreiche Hinterland als Sprungbrett für die Ausweitung seiner kolonialen Expansionsbestrebungen in Besitz genommen und ab 1898 von China gepachtet hatte.
Bild: Das Gebiet des „Boxeraufstands“ und die „Strafexpeditionen“ der „Vereinigten acht Staaten“ in Nordchina
Nach ihrer Schiffspassage und Landung am 7. September 1900 in Taku, in der Nähe von Tianjin/Tientsin und ca. 180 km südostwärts von Peking – dabei stürzte die einzige mitgeführte Funkstation ins Wasser – begannen die Bauzüge der Korps-Telegraphenabteilung des deutschen „Ostasiatischen Expeditionskorps“ mit umfangreichen Leitungsbauten, um zusammen mit japanischen Soldaten die jeweils notwendigen telegraphentechnischen Voraussetzungen für sogenannte „Strafexpeditionen“ zu schaffen, die bis Mai 1901 Nordchina von Aufständischen und chinesischen Regierungstruppen „säubern“ sollten. Dabei wurden von deutschen Telegraphentruppen 1.200 km Feld-Dauerlinien und 400 km Feldkabellinien gebaut sowie umfangreiche Erfahrungen im feldmäßigen Fernsprechbetrieb gesammelt.
Bild: Von der Korps-Telegraphenabteilung des Ostasiatischen Expeditionskorps in China errichtete Telegraphenlinien
Im Rahmen der Verstärkung der Schutztruppe für Deutsch-Südwestafrika (heute: Namibia) im Frühjahr 1904 zur Niederschlagung des Herero-Aufstands wurde ab Ende April – ergänzend zu den bereits dort vorhandenen stationären Funkstellen – auch ein „Detachement zur Bedienung von Funkentelegraphiestationen in Südwestafrika“ in Zugstärke aus Freiwilligen als Funken-Telegraphenabteilung „Südwestafrika“ beim Luftschiffer-Bataillon* aufgestellt, das bereits nach neun Tagen abmarschbereit war.
* Da die Inspektion der Telegraphentruppen zunächst jegliche Zuständigkeit für die Funktechnik abgelehnt hatte, war ab 1. Oktober 1902 eine kompaniestarke „Funken-Telegraphenabteilung“ beim Luftschiffer-Bataillon aufgestellt worden. Erst zum 1. Mai 1905 wurde diese dem Telegraphen-Bataillon Nr. 1 zugeordnet.
Bild: Funken-Telegraphenabteilung „Südwestafrika“
Ende Mai 1904 landete die Funken-Telegraphenabteilung „Südwestafrika“ nach einer einmonatigen Schiffspassage in Swakopmund. Sie bestand aus vier Offizieren, vier Unteroffizieren und 27 Funkern (4/4/27/35), die in Südwestafrika mit ihrem seinerzeit modernstem und neuestem, verlegefähigem – wenn auch noch nicht ganz ausgereiftem – militärischem Kommunikationsmittel erstmals für die Kriegführung herangezogen wurde. Ihr war zudem ein außeretatmäßiges Versuchskommando zugeteilt, was die 8/4/40/52 auf dem o.a. Bild erklärt.
Zu ihrer Ausrüstung zählten drei mobile Funkstationen, die jeweils innerhalb von 10 — 15 Minuten aufgebaut und einsatzbereit gemacht werden konnten: Station 1 bestand aus je einem Apparate‑, Motor- sowie Gerätekarren und war die neueste der drei für Südwestafrika bestimmten Funkstationen. Station 2 hingegen war eine Protzenwagenstation, die bereits 1900 von Siemens & Halske in Berlin gebaut, im Winter 1903/1904 umgebaut und mit dem Telefunken-System ausgestattet worden war. Auch Station 3 befand sich auf einem Protzenwagen, der schon 1902 von Siemens & Halske in Berlin gebaut und später umgerüstet worden war.
Zur Anpassung an afrikanische Verhältnisse wurden die Funkkarren mit acht Ochsen, die Funkwagen mit 20 Ochsen bespannt.
Bild: Ballon-Funkstation in Deutsch-Südwestafrika
Die günstigsten Betriebszeiten dieser Funkstationen lagen bei der verwendeten Frequenz von ca. 343 kHz im unteren Mittelwellenbereich unter afrikanischen Klimabedingungen in den frühen Vormittagsstunden und kurz vor Sonnenuntergang. Tagsüber behinderten meist böige Winde den Start der Ballone bzw. Drachen zum Aufzug der Antennen bzw. die in Südwestafrika häufig auftretenden Wirbelwinde ließen sie abstürzen und nachts waren die atmosphärischen Störungen bzw. Interferenzen aufgrund von Raumwellenausbreitung übermäßig stark.
Von Nachteil erwies sich auch das in Deutsch-Südwestafrika weit verbreitete Dornbuschgelände für das Aufsteigen und Ablassen der Drachen oder Ballons mit den Antennen, wobei insbesondere die Ballone oft zerrissen. Trotzdem wurden Reichweiten von bis zu 150 km erzielt, die in Deutschland mit gleichen Funkstationen nicht annähernd möglich waren.
Darüber hinaus wurden mit den Verstärkungskräften auch eine Feld-Telegraphen- und eine Feld-Signalabteilung zur Ergänzung und Erweiterung der festen Telegraphen- und Heliographenlinien in Deutsch-Südwestafrika dorthin verlegt, die später noch um je eine weitere Feld- und Funk-Telegraphenabteilung ergänzt wurden.
Zum Beispiel hatte das Koblenzer Telegraphenbataillon 3 hierbei im Zeitraum 1904 — 1906 sieben Offiziere, 14 Unteroffiziere und 37 Mannschaften abzustellen.
Die Feld-Signalabteilung bestand aus neun Offizieren und über 200 „Signalisten“ – auch „Blinker“ genannt“, die 36 Heliographen und 71 Signalapparate bedienten, die jeweils mit einem Pferd oder Maultier transportiert wurden. Aufwendiger war die Beförderung der Betriebsstoffe für die Lampen der Signalapparate, Karbid und Wasser (zur Erzeugung von Acetylen) sowie des Sauerstoffs, da sich der Sauerstoff in schweren Druckflaschen befand.
Nachts konnten Morse-Telegramme mit den Lampen der Signalapparate auf Distanzen von 60 bis 150 Kilometern übermittelt werden. Die Lichtblitze der Heliographen bzw. Spiegeltelegraphen, mit denen sich Morse-Telegrammeper Sonnenlicht in Richtung einer Gegenstelle „spiegeln“ ließen, waren tagsüber bis auf eine Distanz von 50 bis über 70 Kilometern mit Teleskopen gut wahrnehmbar.
Bild: Heliograph
Den meist als „Kolonnen“ eingesetzten Kräften der deutschen Schutztruppe wurden jeweils berittene Feld-Signaltrupps mit ca. 20 — 30 „Signalisten“ zugeordnet, die auf den langen Märschen die Verbindungen weitgehend halten konnten.
Bild: Feld-Signaltrupp im Einsatz im Norden von Deutsch-Südwestafrika
Feld-Signalverbindungen eigneten sich in Deutsch-Südwestafrika deshalb so gut, weil das Verlegen von Telegraphenkabel durch die Feld-Telegraphenabteilung in dem gebirgigen und unwirtlichen Land sowie bei den meist großen zu überbrückenden Entfernungen sehr aufwendig war. Zudem bestand bei Kabeltelegraphie die Gefahr, daß die Kabel durch den Gegner, Tiere oder durch die rauhen klimatischen Bedingungen durchtrennt bzw. beschädigt werden konnten. Des Weiteren ist die Zahl der Sonnentage in dieser Region sehr hoch, was den Einsatz von Heliographen zusätzlich rechtfertigte.
Feld-Signalverbindungen wurden deshalb in Deutsch-Südwestafrika insbesondere dort eingerichtet, wo die Verlegung eines Telegraphenkabels nur schwer möglich war oder sich nicht lohnte. Im Vergleich zur Feld- bzw. Funktelegraphie war allerdings die niedrigere Übertragungsgeschwindigkeit, die Abhängigkeit von „Hohen Punkten“ sowie der größere Personal- und Materialaufwand für Relaisstationen bei zu überbrückenden Entfernungen von über 50 — 150 km nachteiliger.
Zu einem größeren Einsatz von Funk- bzw. Feld-Signaltrupps der Funken-Telegraphenabteilung „Südwestafrika“ und der Feld-Signalabteilung kam es am 11./12. August 1904 im Rahmen der sogenannten „Schlacht am Waterberg“ zwischen ca. 4.000 Mann der Schutztruppe (einschl. einheimischer Hilfstruppen) und ca. 6.000 Herero-Kriegern.
Bild: Schlacht am Waterberg
Dabei sollten zwischen den konzentrisch vorgehenden und angreifenden sechs Abteilungen der Schutztruppe sowie dem deutschen Hauptquartier am Waterberg drei Feld-Signalverbindungen über Entfernungen von 35, 70 und 125 km (hier jeweils mit Relais) sowie zwei Funkverbindungen über Entfernungen von 40 bzw. 75 km hergestellt und gehalten werden.
Entscheidend war hierbei der Einsatz einer Feld-Signalstation auf dem überragenden Waterberg, der zusätzliche Feld-Signalverbindungen zu allen Abteilungen ermöglichte.
Bild: Blick auf den Waterberg
Darüber hinaus bestand vom deutschen Hauptquartier am Waterberg über eine Feld-Telegraphenverbindung nach Swakopmund auch Verbindung bis nach Deutschland.
Die in den Kämpfen am Waterberg eingesetzten Funk- sowie Lichtsignalmittel ermöglichten absolute Informationsüberlegenheit gegenüber den Aufständischen, die mit Trommelzeichen geführt wurden, und trugen wesentlich zum Erfolg der Schutztruppe bei, auch wenn es durch zum Teil unzweckmäßigen bzw. sogar fehlerhaften Einsatz der Funk- und Feld-Signalstationen durch die Abteilungen der Schutztruppe zu einer Zersplitterung statt konzentrischem Einsatz der deutschen Kräfte kam: Nach ungleichem Kampf – 14 Maschinengewehre und 36 Feldgeschütze gegen Schrotflinten und Speere – blieb den insgesamt über 60.000 Stammesangehörigen der Hereros nur noch der Weg in das wasserlose Omaheke-Sandfeld, wo bis Ende 1904 über rund 36.000 — 48.000 Männer, Frauen und Kinder verdursteten, wonach der Herero-Aufstand im Norden von Deutsch-Südwestafrika im Wesentlichen endete.
Auf den Verfolgungsmärschen im Omaheke-Sandfeld kamen die drei Funkstationen allerdings wegen ihrer Ochsenbespannung nur langsam voran und konnten somit die Abteilungen der Schutztruppe nicht begleiten. Auch stellten sich aufgrund der großen Hitze und des Staubes beim Funkbetrieb größere Probleme ein, welche die Arbeit der Funkstationen stark erschwerten. Dennoch war sich der Oberbefehlshaber der deutschen Schutztruppe,Generalleutnant Lothar von Trotha bewusst, welche Bedeutung die Funkverbindungen bei den Gefechten am Waterberg gehabt hatten: „Sehr gut sind die Leistungen der Funkentelegraphie gewesen. Sie erwies sich als ein durchaus kriegsbrauchbares Mittel einem Gegner gegenüber, der selbst nicht über Funkenstationen verfügt. Sie ist leider abhängig von der Witterung, was bei den hier ziemlich plötzlich auftretenden atmosphärischen Störungen stark ins Gewicht fällt; ferner ist bei der hier verwendeten Befestigungsart des Drahtes an einem Fesselballon und bei den schwierigen Nachschubverhältnissen die nötige Nachfuhr des Wasserstoffes in großen Mengen sehr erschwert. Dennoch hat sich die Einrichtung außerordentlich bewährt, und ihr Vorhandensein war bei der einheitlichen Durchführung der Operationen von größter Bedeutung.“ Später hat er geäußert: „ Nach Waterberg habe ich nach Berlin berichtet: Ohne die Feldsignal-Abteilung hätte ich die Operationen überhaupt nicht und ohne die Funkenabteilung nur sehr schwer durchführen können.“
Die Ereignisse während der Kämpfe am Waterberg zeigten aber auch, dass die verfügbaren drei Funkstationen nicht ausreichten, da nicht alle sechs Abteilungen der Schutztruppe mit einer Funkstation ausgestattet werden konnten. Darüber hinaus führte die Schwergängigkeit ihrer Transportwagen und die Empfindlichkeit der technischen Geräte, insbesondere aber auch der Ballone dazu, daß Funkstationen auf dem Marsch zurückgelassen wurden und damit keine Funkverbindungen mehr bestanden.
Ein weiteres Manko bei der Kommunikation während dieser Gefechte war die personell unterbesetzte und materiell unzureichend ausgestattete Feld-Signalstation auf dem Waterberg-Plateau, die nur über einen Heliographen verfügte. Angesichts der Schlüsselrolle, die dieser Station zukam, hätte sie aber mehrere Heliographen und mehr „Signalisten“ gebraucht, da sie ein zentraler Kommunikationspunkt für alle Abteilungen der Schutztruppe war, um mit ihrem Hauptquartier in Verbindung zu treten.
Ab Juli 1904 begannen auch die Nama im Süden von Deutsch-Südwestafrika ihren Aufstand gegen die deutsche Kolonialherrschaft, in dem ab Ende 1904 ca. 1.000 — 2.000 Nama-Krieger 15.000 Soldaten der deutschen Schutztruppe gegenüberstanden. Später waren es nur noch einige hundert, die der Schutztruppe einen jahrelangen zermürbenden Guerillakrieg ohne Aussicht auf einen Sieg lieferten, der erst 1907/08 zu einem Ende kam. Auch im Rahmen dieses Kleinkriegs kamen die Feld-Signalabteilung sowie die inzwischen jeweils beiden Funken-Telegraphenabteilungen und Feld-Telegraphenabteilungen vielfach zum Einsatz.
Bild: Deutsch-Südwestafrika
Aus den Erfahrungen der Schlacht am Waterberg setzte man insbesondere auf weitere Funkstationen. Zudem wollte man gerade bei den Guerillagefechten im Süden von Deutsch-Südwestafrika mobil und flexibel sein, wofür Funkverbindungen zwischen den kleineren deutschen Einheiten, die weit verstreut operierten, eine sehr gute Kommunikationsmöglichkeit waren. Zudem konnten durch mehrere Funkstationen auch weitaus längere Funkverbindungen hergestellt werden, da die einzelnen Funkstationen auch als Funkwiederholer dienen konnten. Um somit bei der Operationsführung flexibler zu sein, bekam die 1. Funken-Telegraphenabteilung Verstärkung durch eine weitere Funken-Telegraphenabteilung aus Deutschland.
Mit dem Eintreffen der 2. Funken-Telegraphenabteilung in einer Stärke von drei Offizieren, fünf Unteroffizieren, 30 Funkern und mit drei weiteren Funkstationen im Februar 1905 sollten diese Pläne umgesetzt werden, obwohl sie weitgehend aus schnell angelernten Soldaten bestand, da das Luftschifferbataillon nicht genügend ausgebildetes Funkpersonal hatte.
Ihre Funkstationen hatten jeweils einen Apparatekarren ausgestattet mit den Sende- und Empfangsapparaten, einen Motorkarren mit u.a. einer Wechselstromdynamomaschine sowie drei Gerätekarren, auf denen sich Gasflaschen, Ballons und weitere Ersatzteile sowie sonstige Vorräte befanden. Mit diesen neuen Funkstationen konnten Entfernungen von 200 km bei Schreibempfang und 300 km bei Hörempfang, also größere Reichweiten erzielt werden, als es mit den schon vorhandenen Funkstationen möglich war. Sie waren aber komplizierter zu bedienen und schwieriger zu behandeln als die Funkstationen der 1. Funken-Telegraphenabteilung, für den Einsatz im rauhen Süden Südwestafrikas daher eher wenig geeignet. Bei Umrüstung der Karren auf afrikanische Verhältnisse Ende Februar 1905 wurden sie aus Mangel an Tieren mit jeweils vier Pferden und sechs Maultieren bespannt, was die Mobilität auch dieser Funkstationen weiter einschränkte.
Nach einem längeren Marsch in den vorgesehenen Einsatzraum und nachfolgenden Instandsetzungsarbeiten war die 2. Funken-Telegraphenabteilung erst ab Anfang Mai 1905 einsatzbereit.
Auch die 2. Feld-Telegraphenabteilung wurde ab Juni 1905 im Süden von Deutsch-Südwestafrika zum Bau von Feld-Telegraphenleitungen eingesetzt. Zusammen verlegten die beiden Feld-Telegraphenabteilungen in Deutsch-Südwestafrika insgesamt bis zu 3.000 km Feldkabel und setzten dabei über 20 Feld-Morse-Schreibapparate sowie ca. 50 Feld-Telephone ein, mit denen ohne noch nicht verfügbare Verstärker eine Sprechverständigung bis zu 130 km möglich war.
Der gleichzeitige Einsatz der verschiedenen Kommunikationsmittel in Verbindung mit dem Einsatz der Schutztruppe brachte viele Vorteile mit sich: So konnten Verbindungen, die sehr flexibel sein mussten, durch die Funkentelegraphie aufrecht erhalten werden und andere, die von größerer Kontinuität waren, wurden durch die Feld-Telegraphie ermöglicht. Somit konnte ein Kommunikationsnetz für die Einsätze der Schutztruppe im Süden von Deutsch-Südwestafrika aufgebaut werden, das die Koordinierung ihrer Einsätze auch während der Kampfhandlungen erleichterte. Durch diese Vernetzung von Feld‑, Funken‑, und Heliographentelegraphie hatte die Schutztruppe den Nama technisch gesehen viel voraus. Allerdings brachte ihr die moderne Kommunikationstechnik nur begrenzten Nutzen, da sie den landeskundigen Nama im Guerillakrieg unterlegen war.
Bei den Operationen der Schutztruppe gegen die Nama konnten aber die Funken-Telegraphenabteilungen einige technische Rekorde verbuchen: So wurde z.B. Mitte Oktober 1905 eine sehr weite Funkverbindung von ca. 300 km über Zwischengelände von ca. 2.000 m Höhe erzielt, was eine funktechnische Höchstleistung der damaligen Zeit war.
Im August 1906 waren die großen Operationen der Schutztruppe im Nama-Krieg vorbei und es schloss sich ein Guerillakrieg an, der für die Funkstationen weniger Aufgabenfelder bot, da die Schlachtfelder klein und weit verstreut waren. Ein weiterer Grund für die Beendigung des Funkbetriebs war der komplizierte Nachschub von Benzin für die Stromerzeugeraggregate und von Gas für die Ballone sowie der langsame und schwierige Transport der Funkstationen auf ihren Karren bzw. Protzenwagen. Am 30. September 1906 erfolgte deshalb die Auflösung der 2. Funken-Telegraphenabteilung: Das Personal teilte man den Kompanien der Schutztruppe zu, das Material wurde als Gerätereserve in ein Funken-Telegraphiedepot abgegeben.
Bei Ende der Operationen in 1907 wurde das Gerät der beiden Funken-Telegraphenabteilungen in Windhoek gesammelt, deren Funkstationen von 1904 — 1907 insgesamt 17.875 km zurückgelegt hatten und an insgesamt 212 Standorten eingesetzt worden waren.
Insgesamt war es sowohl in Nordchina, als auch in Deutsch-Südwestafrika nur durch den Einsatz der Telegraphentruppe und ihrer technischen Informationsübertragungsmittel möglich gewesen, die weiten Entfernungen und Räume zu überwinden, was allein mit den sonstigen, eher schwachen deutschen Kräften kaum möglich gewesen wäre.
Bild: Gedenktafel auf dem Gelände der ehemaligen Boelcke-Kaserne in Koblenz-Rauental für die während des Einsatzes in Nord-China (1900/01) und in Deutsch-Südwestafrika (1904 — 1906) Gefallenen des Telegraphenbataillons 3
Quelle:
Tafel 15 der Bildtafelausstellung “Fernmeldetruppen – Gestern und heute”
Weitere Quellen und zusätzliche Informationen zum Thema:
- Das Telegraphen- und Nachrichtenwesen von den Anfängen bis 1939 nach Generalmajor Erich Fellgiebel – in: Telegraphen-/ Nachrichten-/ Fernmeldetruppen und Führungsdienste – Führungsunterstützung seit 1899, Hrsg.: Fernmeldering e.V. 1999 – S. 19 ff.
- Das Telegraphen- und Nachrichtenwesen in den Pacht- und Schutzgebieten des Deutschen Reiches – in: Telegraphen-/ Nachrichten-/ Fernmeldetruppen und Führungsdienste – Führungsunterstützung seit 1899, Hrsg.: Fernmeldering e.V. 1999 – S. 67 ff.
- Telegraphen-/Nachrichten-/Fernmeldetruppen und Führungsdienste – Führungsunterstützung seit 1899, Hrsg.: Fernmeldering e.V. 1999 – S. 225 ff.
- Recke, Hans-Joachim: Die Entwicklung der Telegraphen- und Nachrichtentruppe in: Antenne-Sonderausgabe „100 Jahre Fernmeldetruppen“, FmS/FSHElT 1999 – S. 6 ff.
- „Das Telegraphen-Bataillon 3“ auf der Internet-Seite von Kameradschaft der Fernmelder Koblenz/Lahnstein e.V. unter „Fm … und mehr“/„Historie“
- Wikipedia-Eintrag zu „Boxeraufstand“
- Wikipedia-Eintrag zu „Funkstationen in Deutsch-Südwestafrika“
- Wikipedia-Eintrag zu „Heliographie der Schutztruppe für Deutsch-Südwestafrika“
- Wikipedia-Eintrag zu „Karbidlampe“
- Mantei, Sebastian: Von der „Sandbüchse“ zum Kommunikationsnetzwerk – Die
Entwicklungsgeschichte des Post- und Telegraphenwesens in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika (1884 — 1915), Dissertation 2004 - Wikipedia-Eintrag zu „Schlacht am Waterberg“