Tafel 39 der Bildtafelausstellung “Fernmeldetruppen – Gestern und heute”

Nach Vor­stel­lung der Bild­ta­fel zum Ein­satz der Hee­res-Nach­rich­ten­trup­pe beim Angriff auf Polen im Jahr 1939 wird die Serie zu o.a. Bild­ta­fel­aus­stel­lung mit der Vor­stel­lung der Bild­ta­fel zum Ein­satz der Hee­res-Nach­rich­ten­trup­pe im West­feld­zug im Jahr 1940 fort­ge­setzt.   

Oberst a.D. Peter Uffel­mann

Vor­be­mer­kung:
Die aktu­el­len RICHTLINIEN ZUM TRADITIONSVERSTÄNDNIS UND ZUR TRADITIONSPFLEGE der Bun­des­wehr ent­hal­ten zum The­ma „Wehr­macht“ unter Nr. 3.4.1 u.a. fol­gen­de Klar­stel­lung, auf die auch hin­sicht­lich des Ein­sat­zes der Hee­res-Nach­rich­ten­trup­pe im West­feld­zug im Jahr 1940 hin­ge­wie­sen wer­den soll: 
„Der ver­bre­che­ri­sche NS-Staat kann Tra­di­ti­on nicht begrün­den. Für die Streit­kräf­te eines demo­kra­ti­schen Rechts­staa­tes ist die Wehr­macht als Insti­tu­ti­on nicht tra­di­ti­ons­wür­dig. Glei­ches gilt für ihre Trup­pen­ver­bän­de sowie Orga­ni­sa­tio­nen, die Mili­tär­ver­wal­tung und den Rüs­tungs­be­reich.“

Nach Abschluß des Ein­sat­zes der Hee­res-Nach­rich­ten­trup­pe (HNach­rTr) beim Angriff auf Polen und Aus­wer­tung die­ses Ein­sat­zes durch den Stab Hee­res-Nach­rich­ten­we­sen (HNW) began­nen bereits ab Ende Okto­ber 1939 die Pla­nun­gen und Vor­be­rei­tun­gen für ihren nächs­ten Ein­satz im Rah­men des Auf­mar­sches und beab­sich­tig­ten Angriffs auf die Nie­der­lan­de, Luxem­burg, Bel­gi­en und Frank­reich.
Die ers­ten Vor­be­rei­tun­gen hier­zu hat­ten bereits ab Anfang Sep­tem­ber 1939 mit einer wei­te­ren Ver­grö­ße­rung der HNach­rTr durch Neu­auf­stel­lun­gen zusätz­li­cher Divi­si­ons- und Korps-Nach­rich­ten­ab­tei­lun­gen (Div-/Korps-Nach­rAbt) sowie Nach­rich­ten­re­gi­men­ter (Nach­rRgt) begon­nen.

Die Neu­auf­stel­lun­gen zusätz­li­cher Div­Nach­rAbt erfolg­ten im Rah­men der Auf­stel­lung der Divi­sio­nen der 5. — 9. Wel­le und von Siche­rungs­di­vi­sio­nen (Sich­Div), wobei auf­grund der zuneh­men­den Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit der Luft-Nach­rich­ten­trup­pe (LnTr) der Luft­waf­fe um Per­so­nal- sowie Mate­ri­al- und Roh­stoff­zu­wei­sun­gen nur noch neun bzw. vier Divi­si­ons-Nach­rich­ten­kom­pa­nien (Div­Nach­rKp) für die Divi­sio­nen der 9. Wel­le und die Sich­Div im Janu­ar und Febru­ar 1940 auf­ge­stellt wer­den konn­ten. Für die Divi­sio­nen der 5. — 8. Wel­le wur­den im Zeit­raum Sep­tem­ber 1939 bis Janu­ar 1940 aber noch ins­ge­samt 32 wei­te­re Div­Nach­rAbt auf­ge­stellt, wobei die Tor­nis­ter-Funk­ge­rä­te für die 23 Div­Nach­rAbt der 7. und 8. Wel­le sowie die neun Div­Nach­rKp der 9. Wel­le jedoch erst im März und April 1940 bereit­ge­stellt wer­den konn­ten. Ergän­zend hier­zu wur­den die bis­he­ri­gen Div­Nach­rKp der vier soge­nann­ten „Leich­ten Divi­sio­nen“ im Rah­men von deren Umglie­de­rung in Pan­zer­di­vi­sio­nen (PzDiv) zu vier Pan­zer-Nach­rAbt (PzNach­rAbt) erwei­tert.

Par­al­lel dazu konn­ten im Zeit­raum Sep­tem­ber bis Dezem­ber 1939 zunächst nur acht neue Korps-Nach­rAbt auf­ge­stellt wer­den, weil auch für die ursprüng­lich vor­ge­se­he­nen ins­ge­samt 15 auf­grund der o.a. Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit der LnTr zunächst nicht aus­rei­chend Per­so­nal und Mate­ri­al ver­füg­bar war: So wur­den ab Okto­ber zunächst sie­ben Korps-Nach­rKp für die des­halb auch nur „Höhe­ren Kom­man­dos“ (HöhKdo) auf­ge­stellt, wel­che bis auf wei­te­res ledig­lich in der Siche­rung oder an soge­nann­ten „Neben­fron­ten“ ein­ge­setzt wer­den konn­ten. Ab April 1940 wur­den dann die­se sie­ben Korps-Nach­rKp zu Korps-Nach­rAbt erwei­tert und wei­te­re vier Korps-Nach­rAbt neu­auf­ge­stellt, so daß bis Mai 1940 ins­ge­samt 19 zusätz­li­che Korps-Nach­rAbt ver­füg- und ein­setz­bar waren. 

Bei den Nach­rRgt gab es nur drei Neu­auf­stel­lun­gen, aber umfang­rei­che Umgrup­pie­run­gen inner­halb und zwi­schen den bereits bestehen­den.
Neu­auf­ge­stellt wur­de ab Anfang Sep­tem­ber 1939 zunächst die Nach­rAbt 540 für das Armee­ober­kom­man­do (AOK) 5, die Mit­te Okto­ber in Armee-Nach­rAbt 520 und Anfang Novem­ber in Armee-Nach­rRgt 520 umbe­nannt wur­de. Wei­te­re Neu­auf­stel­lun­gen waren ab Mit­te Novem­ber das Hee­res­grup­pen-Nach­rRgt (HGr­Nach­rRgt) 639 für das Ober­kom­man­do der HGr C und ab Ende April 1940 das zwei­te Füh­rungs-Nach­rRgt (FüNach­rRgt) zunächst noch als Hee­res-Nach­rRgt 601.
Die Umgrup­pie­run­gen inner­halb und zwi­schen den bereits bestehen­den Nach­rRgt dien­ten der Her­stel­lung ihrer vol­len Feld­ver­wen­dungs­fä­hig­keit, da zunächst die Auf­stel­lung eines zwei­ten FüNach­rRgt nicht mög­lich war. Dazu wur­den ihnen z.T. zusätz­li­che, u.a. bis­her selbst­stän­di­ge Nach­rKp und bis­he­ri­ge Nach­rAbt-Stä­be z.b.V. unter­stellt sowie gan­ze Nach­rAbt zwi­schen den Nach­rRgt aus­ge­tauscht.
Auf­grund der mehr­ma­li­gen Ver­schie­bung des Angriffs­be­ginns konn­ten ab Ende 1939 zunächst dem FüNach­rRgt 40 zwei wei­te­re, ander­wei­tig frei­ge­wor­de­ne Nach­rAbt-Stä­be unter­stellt wer­den, ehe dann doch noch ab Ende April 1940 das zwei­te FüNach­rRgt zunächst noch als Hee­res-Nach­rRgt 601 auf­ge­stellt wur­de, wobei eine kom­plet­te Nach­rAbt von FüNach­rRgt 40 umun­ter­stellt wur­de, so daß bei Angriffs­be­ginn im Mai 1940 FüNach­rRgt 40 und Hee­res-Nach­rRgt 601 zusam­men über ins­ge­samt fünf Nach­rAbt mit ins­ge­samt 21 Nach­rKp ver­füg­ten.
Auf­grund der ab Ende Febru­ar 1940 erst­mals geplan­ten Bil­dung einer Pan­zer­grup­pe im Rah­men der Hee­res­grup­pe A wur­den zusätz­lich ab Mit­te März zwei Korps-Nach­rAbt umge­glie­dert und zeit­wei­lig – bis Mit­te Juli – zum Pan­zer­grup­pen-Nach­rRgt (PzGrp­Nach­rRgt) „Kleist“ zusam­men­ge­fasst. Da die­se Lösung den per­so­nell und mate­ri­ell begrenz­ten Mög­lich­kei­ten am bes­ten ent­sprach, ver­fuhr man bei der spä­te­ren Bil­dung der PzGrp „Hoth“ und „Gude­ri­an“ ähn­lich: Wäh­rend das aus einer Korps-Nach­rAbt gebil­de­te PzGrp­Nach­rRgt „Hoth“ nur kurz­zei­tig bis Ende Mai bestand, brach­ten Auf­stel­lung und Ein­satz (1. — 24. Juni) des PzGrp­Nach­rRgt „Gude­ri­an“ dage­gen wert­vol­le Erkennt­nis­se für die spä­te­re end­gül­ti­ge Auf­stel­lung von PzGrp­Nach­rRgt.

PzGrp­Nach­rRgt „Gude­ri­an“ (Stand: 28.05.1940)

Bild­quel­le: U.a. Quel­le 4

PzGrp­Nach­rRgt „Gude­ri­an“ bestand aus einer „Betriebs­ab­tei­lung“ mit einer Fern­sprech­be­triebs­kom­pa­nie und zwei Funk­kom­pa­nien sowie einer „Bau­ab­tei­lung“ mit vier Feld­fern­ka­bel­kom­pa­nienRegi­ments­kom­man­deur und zugleich PzGrp-Nach­rich­ten­füh­rer war der dama­li­ge Oberst­leut­nant Albert Praun, spä­ter als Gene­ral der Nach­rich­ten­trup­pe Nach­fol­ger von Erich Fell­gie­bel.

Bis zum Angriffs­be­ginn am 10. Mai 1940 waren zwar die Umglie­de­rung und Neu­or­ga­ni­sa­ti­on der HNach­rTr noch nicht in allen Details abge­schlos­sen, aber die Ein­satz­be­reit­schaft von

  • zwei FüNach­rRgt;
  • 12 HGr- und Armee-Nach­rRgt;
  • 45 Korps-Nach­rAbt
  • 153 Div­Nach­rAbt

war im Gro­ßen und Gan­zen gege­ben.  

Auf Wehr­machts­ebe­ne war zwi­schen­zeit­lich ab Anfang Dezem­ber 1939 die bis­he­ri­ge Abtei­lung Wehr­machts­nach­rich­ten­ver­bin­dun­gen (WNV) in den Stab WNV umge­glie­dert wor­den, so daß sich die Füh­rungs­or­ga­ni­sa­ti­on von HNW/WNV wie folgt dar­stell­te:

Füh­rungs­or­ga­ni­sa­ti­on von HNW/WNV ab Dezem­ber 1939

 
Bild­quel­le: Bild­ta­fel 39

Die Abtei­lung „Son­der­be­voll­mäch­tig­ter für Nach­rich­ten­mit­tel“ war dabei der Arbeits­stab von Gene­ral­ma­jor Fell­gie­bel als die­ser zugleich Son­der­be­voll­mäch­tig­ter zur Ver­ein­heit­li­chung der Ent­wick­lung von Nach­rich­ten­ge­rät wur­de, um Kräf­te und Roh­stof­fe ein­zu­spa­ren, Gerä­te­aus­bil­dung und ‑ein­satz zu erleich­tern sowie die leich­te­re Aus­tausch­bar­keit von Per­so­nal und Gerät zu ermög­li­chen. Die­se Abtei­lung knüpf­te dazu u.a. enge Bezie­hun­gen zur deut­schen Nach­rich­ten­in­dus­trie und führ­te dabei z.B. auch monat­li­che Bespre­chun­gen mit deren Ver­tre­tern durch. 

Im Gegen­satz zur Pla­nung und Vor­be­rei­tung des Feld­zugs gegen Polen erfor­der­te die nach­rich­ten­tech­ni­sche Unter­stüt­zung des Auf­mar­sches der Wehr­macht im Wes­ten für den beab­sich­tig­ten Angriff auf die Nie­der­lan­de, Bel­gi­en und Frank­reich weni­ger Bau­maß­nah­men, da das dor­ti­ge Fern­ka­bel­netz der Deut­schen Reichs­post (DRP) wesent­lich dich­ter und bes­ser aus­ge­baut war sowie inzwi­schen eine ande­re Form der DRP-Leis­tungs­be­reit­stel­lung durch Ein­rich­tung eines soge­nann­ten „Reichs­ver­tei­di­gungs­net­zes“ ver­ein­bart war.
Ein sol­ches „Reichs­ver­tei­di­gungs­netz“ war bereits 1937 durch das Reichs­post­mi­nis­te­ri­um (RPM) vor­ge­schla­gen, aber zunächst durch die Inspek­ti­on der HNach­rTr abge­lehnt wor­den: Es soll­te inner­halb des bestehen­den sta­tio­nä­ren DRP-Fern­ka­bel- und Frei­lei­tungs­li­ni­ni­en­net­zes mit zahl­rei­chen Ver­tei­ler- und Durch­gangs­ver­mitt­lun­gen als Wehr­machts-Grund- und Füh­rungs­netz ent­ste­hen, durch das eine aus­rei­chen­de Anzahl von jeder­zeit schalt- und umschalt­ba­ren Über­tra­gungs­ka­nä­le bereit­ge­stellt wer­den konn­te sowie die Viel­zahl der wenig fle­xi­blen „Stö­rungs­net­ze“ („StöN“) über­flüs­sig gemacht wer­den soll­te.

Ende 1939 stand nun die­ses „Reichs­ver­tei­di­gungs­netz“ bzw. Wehr­machts-Grund- und Füh­rungs­netz zur Ver­fü­gung, so daß von den bis­he­ri­gen „StöN“ nur noch das Hee­res­füh­rungs­netz, das „StöN Hein­rich“ der Funk­auf­klä­rung und das „StöN Hek­tor“ des Hee­res­trans­port­we­sens benö­tigt wur­den.
Neu gere­gelt wor­den waren auch die Zustän­dig­kei­ten für Lei­tungs- und Schalt­for­de­run­gen inner­halb des Wehr­machts-Grund- und Füh­rungs­net­zes, die nun auch durch die Nach­rich­ten­füh­rer der Hee­res­grup­pen für ihre Zustän­dig­keits­be­rei­che bei der DRP gestellt wer­den konn­ten sowie in beson­ders drin­gen­den Fäl­len nun auch durch die grenz­na­hen Reichs­post­di­rek­tio­nen (RPD) rea­li­siert wer­den durf­ten. Dazu wur­den zur Beschleu­ni­gung ab Anfang Dezem­ber 1939 zusätz­li­che Ver­bin­dungs­of­fi­zie­re von den zustän­di­gen Wehr­machts­nach­rich­ten­kom­man­dan­tu­ren zu die­sen RPD kom­man­diert.

Im Rah­men der nach­rich­ten­tech­ni­schen Unter­stüt­zung des Auf­mar­sches der Wehr­macht im Wes­ten für den beab­sich­tig­ten Angriff auf die Nie­der­lan­de, Luxem­burg, Bel­gi­en und Frank­reich waren auch Pla­nun­gen und Vor­be­rei­tun­gen für meh­re­re sta­tio­nä­re „Füh­rer­haupt­quar­tie­re“ („FHQ“) durch­ge­führt wor­den, die sich aber dann ab Mit­te Febru­ar 1940 auf ledig­lich noch das „FHQ Fel­sen­nest“ bei (Bad) Müns­ter­ei­fel kon­zen­trier­ten, da der nach­rich­ten­tech­ni­sche Anschluß des ursprüng­lich favo­ri­sier­ten „FHQ Adler­horst“ in Zie­gen­berg bei Bad Nau­heim nicht vor Juni fer­tig­ge­stellt wer­den konn­te. Von die­sen „FHQ“ (ein­schließ­lich „OKW-Feld­staf­fel“) soll­ten alle HGrOK­do und AOK mit jeweils vier Fern­sprech- und zwei Fern­schreib­ver­bin­dun­gen („4 F + 2 T“) sowie Ber­lin bzw. Zos­sen und die „OKH-Feld­staf­fel“ – zunächst in Gie­ßen [2] (mit Nach­rich­ten­bun­ker „Gise­la“) geplant, spä­ter tat­säch­lich in Bad Godes­berg – mit „12 F + 6 T“ erreich­bar sein.  

Wäh­rend des Auf­mar­sches der Wehr­macht im Wes­ten wur­den ab Febru­ar 1940 auf­grund der Erfah­run­gen im Polen­feld­zug mit zunächst zu star­ker Zen­tra­li­sie­rung von Horch­dienst bzw. Funk­auf­klä­rung und dann unzu­rei­chen­der Dezen­tra­li­sie­rung durch Horch­ab­tei­lun­gen auf HGr-Ebe­ne nun zwei Stä­be für die Kom­man­deu­re der Horch­trup­pen West und Ost mit unter­stell­ten Aus­wer­te­stel­len, Fes­ten Horch­stel­len und beweg­li­chen Horch­kom­pa­nien gebil­det, um die Ein­heit­lich­keit der Aus­bil­dung und Arbeits­wei­se sicher­zu­stel­len, wäh­rend die Steue­rung der Aus­wer­tung wei­ter­hin zen­tral durch die Horch-Leit­stel­le des Stab HNW bzw. OKH erfol­gen soll­te.
Kurz vor Beginn des West­feld­zugs erfolg­te jedoch ab April eine wei­te­re Dezen­tra­li­sie­rung von Horch­dienst bzw. Funk­auf­klä­rung: Der o.a. Stab für den Kom­man­deur der Horch­trup­pen West ent­fiel wie­der, jeweils zwei beweg­li­che Horch­kom­pa­nien wur­den hee­res­grup­pen­wei­se Horch­trup­pen­kom­man­deu­ren mit jeweils einer Aus­wer­te­stel­le unter­stellt, wäh­rend die Fes­ten Horch­stel­len wie­der aus­schließ­lich der Horch-Leit­stel­le des Stab HNW bzw. OKH unter­stan­den, aber mit den Horch­trup­pen­kom­man­deu­ren der Hee­res­grup­pen auf Zusam­men­ar­beit ange­wie­sen waren.

Ein­satz und Unter­stel­lung der deut­schen Horch­trup­pen vor dem West­feld­zug (August 1939 — Mai 1940)
 Bild­quel­le: U.a. Quel­le 11

Bis zum Beginn des Angriffs auf die Nie­der­lan­de, Luxem­burg, Bel­gi­en und Frank­reich waren aller­dings die Ergeb­nis­se von Horch­dienst bzw. Funk­auf­klä­rung gegen­über dem Nord­flü­gel zwi­schen Nord­see und luxem­bur­gisch-fran­zö­si­scher Gren­ze auf­grund der z.T. gro­ßen Ent­fer­nun­gen (z.B. Müns­ter — Lil­le (Frank­reich): ca. 380 km), aber auch weit­ge­hen­der Funk­stil­le nicht beson­ders ergie­big und über­wie­gend tech­ni­scher Natur. Inso­fern wur­den nur tak­ti­sche Teil­ergeb­nis­se erzielt, die ande­re Quel­len ergänz­ten oder bestä­tig­ten – die ope­ra­ti­ve Glie­de­rung dage­gen konn­te durch die Funk­auf­klä­rung nicht voll gedeu­tet wer­den, ledig­lich die mut­maß­li­chen Auf­marsch­räu­me [3] der nie­der­län­di­schen und bel­gi­schen Armee sowie der fran­zö­si­schen Armeen und der bri­ti­schen Armee (mit drei Armee­korps, fünf akti­ven, teil­mo­to­ri­sier­ten Divi­sio­nen und meh­re­ren Divi­sio­nen 2. — 3. Wel­le) wur­den fest­ge­stellt, ohne daß jedoch deren Gefechts­stän­de zuver­läs­sig geor­tet wer­den konn­ten.
Mehr Klar­heit durch Horch­dienst bzw. Funk­auf­klä­rung wur­de nur über die fran­zö­si­schen Kräf­te im Fes­tungs­ge­biet hin­ter der Magi­not-Linie auf dem Süd­flü­gel erreicht. Um dazu bei­zu­tra­gen, die­se Kräf­te dort – auch nach Erken­nen des deut­schen Angriffs­schwer­punkts in der Mit­te – zu bin­den und Ver­le­gun­gen von Tei­len nach Nord­wes­ten mög­lichst lan­ge hin­aus­zu­zö­gern, wur­de der fran­zö­si­schen Funk­auf­klä­rung ab drei Tage vor Angriffs­be­ginn im Bereich der deut­schen Hee­res­grup­pe C bei der 1. Armee west­lich des Rheins die Bereit­stel­lung einer moto­ri­sier­ten Armee­grup­pe mit drei Armee­korps durch ent­spre­chen­den Funk­ver­kehr in Ver­bin­dung mit wei­te­ren tak­ti­schen Täusch­maß­nah­men vor­ge­täuscht. Auf­grund erfass­ter Funk­sprü­che nach Angriffs­be­ginn aus den Berei­chen der 3. und 4. fran­zö­si­schen Armee, bei denen der Funk­ver­kehr im Ver­gleich zu den ande­ren fran­zö­si­schen Armeen im Süden auf­fal­lend zunahm, schien die­se Funk­täu­schung Wir­kung erzielt zu haben – jeden­falls wur­den bis zur ihrer Ein­stel­lung kei­ner­lei Anzei­chen für Ver­le­gun­gen nach Nord­wes­ten fest­ge­stellt.
Erst am 22. Mai wur­de ledig­lich die Ver­le­gung eines schnel­len Ver­ban­des der 2. Armee nach Wes­ten erfasst, wäh­rend der Ver­bleib der 4. fran­zö­si­schen Armee ab 23. Mai nicht mehr fest­stell­bar war. Dage­gen konn­te die Ver­le­gung der 6. und 10. fran­zö­si­schen Armee von der schwei­ze­ri­schen bzw. ita­lie­ni­schen Gren­ze an die Som­me nicht erfasst wer­den, weil bei­des außer­halb des Auf­klä­rungs­raums für Horch­dienst bzw. Funk­auf­klä­rung bei HGr C lag.    

Ergeb­nis­se der deut­schen Funk­auf­klä­rung bis Anfang Mai 1940

Bild­quel­le: U.a. Quel­le 11

Das o.a. „Reichs­ver­tei­di­gungs­netz“ bzw. Wehr­machts-Grund- und Füh­rungs­netz war auch Grund­la­ge für die nach­rich­ten­tech­ni­sche Pla­nung und Vor­be­rei­tung der zwi­schen­zeit­li­chen Beset­zung von Däne­mark und Nor­we­gen Anfang April 1940: Nur durch die hohe Fle­xi­bi­li­tät die­ses Net­zes war inner­halb von drei Tagung die Orga­ni­sa­ti­on der dafür erfor­der­li­chen Nach­rich­ten­ver­bin­dun­gen sowie die spä­te­re schnel­le Bereit­stel­lung der vor­ge­se­he­nen Ver­bän­de und ihre Ver­le­gung aus dem gesam­ten Reichs­ge­biet in die Nord- und Ost­see­hä­fen mög­lich.
Wesent­lich kom­pli­zier­ter war dage­gen die Pla­nung der Nach­rich­ten­ver­bin­dun­gen für die Durch­füh­rung des soge­nann­ten „Unter­neh­mens Weserü­bung“: Wäh­rend man für die Nach­rich­ten­ver­bin­dun­gen zu den in Däne­mark auf dem Land­weg ein­rü­cken­den Ver­bän­den die Wei­ter­schal­tung der in Flens­burg enden­den deut­schen Aus­lands­lei­tun­gen plan­te, muss­te bis zur Inbe­sitz­nah­me bzw. Wie­der­her­stel­lung und ‑inbe­trieb­nah­me der nor­we­gi­schen Nach­rich­ten­an­la­gen ein umfang­rei­cher Ein­satz leis­tungs­star­ker Funk­mit­tel für die zahl­rei­chen Ver­bin­dun­gen zwi­schen OKW [4], dem Stab der „(Armee-)Gruppe XXI“ [5], den soge­nann­ten „Ein­satz­grup­pen“ an ihren Lan­dungs­punk­ten in Nor­we­gen sowie zu den deut­schen Ver­bän­den in Däne­mark geplant und vor­be­rei­tet wer­den.

Schon zu Beginn der Ope­ra­tio­nen am 9. April aber gin­gen die für die „(Armee-)Gruppe XXI“ vor­ge­se­he­nen drei Funk­stel­len durch Tor­pe­die­rung sowie Ver­sen­kung ihres Trans­port­schiffs ver­lo­ren und auch die für die Ein­satz­grup­pe in Nar­vik geplan­te Funk­stel­le fiel auf ähn­li­che Wei­se aus. Dar­über hin­aus ging dabei wei­te­res zahl­rei­ches Gerät und Mate­ri­al der Divi­si­ons-Nach­rich­ten­ab­tei­lung 234 ver­lo­ren.
Die dadurch ent­stan­de­ne „Nach­rich­ten­ver­bin­dungs­kri­se“ muss­te durch Gene­ral­leut­nant [6] Fell­gie­bel per­sön­lich bei­gelegt wer­den, der am 10. Mai vor Ort fest­leg­te, daß die Funk­ver­bin­dun­gen des Stabes der „(Armee-)Gruppe XXI“ statt­des­sen durch den nor­we­gi­schen (Groß-)Sender in Oslo mit nor­we­gi­schem Per­so­nal unter deut­scher Auf­sicht sicher­ge­stellt wur­den. Auch Schiffs­funk­stel­len wur­den anfangs für Funk­ver­bin­dun­gen zum OKW genutzt.

Auch hin­sicht­lich der Nutz­bar­keit des ober­ir­di­schen nor­we­gi­schen Fern­sprech-Frei­lei­tungs­net­zes war die deut­sche Pla­nung zu opti­mis­tisch gewe­sen: Auf­grund der geo­gra­phi­schen und kli­ma­ti­schen Rah­men­be­din­gun­gen war die­ses nur schwer aus­bau­fä­hig, wodurch die Nach­rich­ten­ver­bin­dun­gen zwi­schen Oslo und den hun­der­te von Kilo­me­tern ent­fern­ten „Ein­satz­grup­pen“ anfangs stark belas­tet und insta­bil waren. Ihre Instand­set­zung durch die HNach­rTr und LnTr konn­te erst nach der nor­we­gi­schen Kapi­tu­la­ti­on ab 10. Juni erfol­gen, wobei auch See­ka­bel durch die Fjor­de ver­legt und alle Flug­plät­ze in Nor­we­gen an das Luft­waf­fen­füh­rungs­netz ange­schlos­sen wur­den. Die­se nor­we­gi­schen Nord-/Süd-Draht­ver­bin­dun­gen waren spä­ter ab 1941 auch wich­tig für die Koor­di­nie­rung der Luft­an­grif­fe auf die alli­ier­ten Kon­vois nach Mur­mansk in der Sowjet­uni­on. Ergän­zend dazu wur­den durch die LnTr auch Richt­funk­ver­bin­dun­gen von Oslo über das Nord­kap bis nach Finn­land ein­ge­rich­tet und betrie­ben. Tei­le des ober­ir­di­schen nor­we­gi­schen Fern­sprech-Frei­lei­tungs­net­zes konn­ten immer­hin bereits — ins­be­son­de­re ab Ende Mai beim erneu­ten Vor­marsch der 2. Gebirgs­di­vi­si­on auf Nar­vik — durch die HNach­rTr genutzt wer­den.

Auch die Fern­ka­bel­ka­pa­zi­tä­ten zwi­schen Nor­we­gen und Deutsch­land stell­ten sich als völ­lig unzu­rei­chend her­aus: Zu ihrer Ver­bes­se­rung wur­de auf­grund der immer ange­spann­te­ren Roh­stoff­la­ge eines der vier bestehen­den See­ka­bel zwi­schen Pom­mern und Ost­preu­ßen auf­ge­nom­men sowie im Juli zwi­schen Jüt­land und Nor­we­gen wie­der aus­ge­legt. Ergän­zend dazu wur­de das däni­sche Fern­ka­bel­netz durch zusätz­li­che Fern­ka­bel ver­stärkt und in Kol­ding ein gro­ßer Fern­ka­bel-Netz­kno­ten zur „Durch­gangs­ver­mitt­lung Jüt­land“ inner­halb des „Reichs­ver­tei­di­gungs­net­zes“ bzw. Wehr­machts-Grund- und Füh­rungs­net­zes aus­ge­baut.

Von Horch­dienst bzw. Funk­auf­klä­rung kam in Nor­we­gen nur ein Horch­zug aus Per­so­nal­ab­ga­ben aller im Wes­ten ein­ge­setz­ten beweg­li­chen Horch­kom­pa­nien zum Ein­satz, der aber ledig­lich unwe­sent­li­che Ergeb­nis­se erzie­len konn­te. 

Als dann am 10. Mai 1940 der Angriff auf die Nie­der­lan­de, Luxem­burg, Bel­gi­en und Frank­reich begann, began­nen die Nach­rich­ten­ver­bän­de auf allen Füh­rungs­ebe­nen – wie schon in Polen – mit dem Bau ihrer Stamm­lei­tun­gen und ver­such­ten dabei dem schnel­len Vor­marsch ihrer Groß­ver­bän­de zu fol­gen: Die Div­Nach­rAbt bau­ten Feld­ka­bel-Stamm­lei­tun­gen in den befoh­le­nen Bewe­gungs­rich­tun­gen und die Korps-Nach­rAbt sowie die PzNach­rRgt ver­stärk­ten die in die Haupt­stoß­rich­tun­gen der Armee­korps füh­ren­den Divi­si­ons-Stamm­lei­tun­gen durch Feld­fern­ka­bel­li­ni­en als Korps-Stamm­lei­tun­gen und rich­te­ten Quer­ver­bin­dun­gen zu den Stamm­lei­tun­gen bzw. Gefechts­stän­den der ande­ren Divi­sio­nen sowie den Nach­barkorps ein, wobei die­se Stamm­lei­tun­gen meist täg­lich auch die Gefechts­stän­de der PzGrp und ‑Korps, teil­wei­se sogar der PzDiv erreich­ten. Dabei gelang es, FFKb-Ver­bin­dun­gen mit­tels Pupin-Spu­len und Ver­stär­kern bis 300 km her­zu­stel­len und zu betrei­ben. 

Wäh­rend­des­sen bau­ten die Armee-Nach­rRgt die Armee-Stamm­lei­tun­gen in der Regel als mehr­fach aus­nutz­ba­re Bron­ze­draht-Dop­pel­lei­tung an ein­fa­chen Holz­ge­stän­gen in Rich­tung der nächs­ten geplan­ten Armee-Gefechts­stän­de, wobei in fest­ge­leg­ten Abstän­den Armee-Ver­mitt­lun­gen ein­ge­rich­tet wur­den, die dann mit den Ver­mitt­lun­gen der unter­stell­ten Armee­korps, der Nach­bar­ar­meen und der Unter­stüt­zungs­ver­bän­de ver­bun­den wur­den. Die Hee­res­grup­pen-Stamm­lei­tun­gen wur­den in glei­cher Wei­se durch die HGr­Nach­rRgt gebaut, wobei in der Regel mit der Bewe­gungs­rich­tung der Hee­res­grup­pen über­ein­stim­men­de Armee-Stamm­lei­tun­gen im Hin­blick auf Erwei­te­rung ihrer tech­ni­schen Mehr­fach-Aus­nutz­bar­keit ver­stärkt wur­den. Die Stamm­lei­tung der HGr B ver­lief dabei von Lüt­tich über Valen­ci­en­nes Rich­tung Ami­ens, die der HGr A von St. Vith über Jemel­le und Hir­son Rich­tung St. Quen­tin.

Armee‑, HGr- und FüNach­rRgt am 10. Mai 1940

 Bild­quel­le: U.a. Quel­le 4

Obwohl die Feld­staf­feln von OKH in Bad Godes­berg und OKW beim „FHQ Fel­sen­nest“ bei (Bad) Müns­ter­ei­fel dies­mal rela­tiv grenz­nah lagen, führ­ten die raum­grei­fen­den Ope­ra­tio­nen der am Angriff betei­lig­ten Armeen aller­dings auch sehr schnell wie­der zu gro­ßen Ent­fer­nun­gen zwi­schen den AOK und HGrOK­do einer­seits sowie OKH und OKW ande­rer­seits, wodurch es wie­der­um zu zeit­wei­li­gen Unter­bre­chun­gen der Draht-Nach­rich­ten­ver­bin­dun­gen kam. Dies­mal hiel­ten sich die­se Unter­bre­chun­gen aber auf­grund des ver­bes­ser­ten Aus­bil­dungs­stan­des bei allen Nach­rRgt, tech­nisch aus­ge­reif­te­ren und quan­ti­ta­tiv erwei­ter­ten Draht-Nach­rich­ten­ver­bin­dun­gen sowie des Ein­sat­zes des zwei­ten FüNach­rRgt und bes­se­rer Orga­ni­sa­ti­on bzw. Koor­di­na­ti­on bei Wie­der­her­stel­lung bzw. ‑inbe­trieb­nah­me der nie­der­län­di­schen, bel­gi­schen und fran­zö­si­schen pos­ta­li­schen Draht-Nach­rich­ten­ver­bin­dungs­net­ze in eini­ger­ma­ßen beherrsch­ba­ren Grö­ßen­ord­nun­gen
Die Funk­ver­bin­dun­gen dage­gen erfüll­ten in der Regel die Erwar­tun­gen, wobei die PzGrp, ‑Korps und ‑Div weit­ge­hend nur über Funk geführt wur­den, wobei jedoch auf Div- und Korps-Ebe­ne wegen der zum Teil sehr gro­ßen Ent­fer­nun­gen zeit­wei­se Funk­wie­der­ho­ler ein­ge­setzt wer­den muss­ten.

Gene­ral der Pan­zer­trup­pe Heinz Gude­ri­an, Kom­man­die­ren­der Gene­ral des Moto­ri­sier­ten XIX. Armee­korps (1., 2. und 10. Pan­zer­di­vi­son sowie Infan­te­rie­re­gi­ment „Groß­deutsch­land“) in sei­nem Mitt­le­ren Funk­pan­zer­wa­gen [7] 

Bild­quel­le: Bun­des­ar­chiv

Die Nach­rich­ten­ver­bin­dun­gen zu den Luft­waf­fen­ver­bän­den waren ande­rer­seits ins­ge­samt man­gel­haft, wodurch es u.a. zu Bom­bar­die­run­gen der eige­nen Trup­pe, aber auch von Rot­ter­dam kam, obwohl erst­mals u.a. Flie­ger­leit­trupps der LnTr bei Hee­res­ver­bän­den ein­ge­setzt wur­den und sogar zwei sepa­ra­te rück­wär­ti­ge Frei­lei­tungs­li­ni­en für die Nach­rich­ten­ver­bin­dun­gen zu den Luft­flot­ten durch die LnTr gebaut wur­den.

Wesent­lich zu die­ser o.a. Ver­bes­se­rung der Nach­rich­ten­ver­bin­dungs­la­ge haben dabei u.a. auch zwei DRP-Fach­trupps in Kom­pa­nie­stär­ke bei­getra­gen, die FüNach­rRgt 40 ab Mit­te Mai unter­stellt wur­den. Mit­te Juni waren dann schon 13 DRP-Fach­trupps bei den HGr- und Armee-Nach­rRgt sowie mehr als 20 bei FüNach­rRgt 40 im Ein­satz, der von 21 neu­en Feld­nach­rich­ten­kom­man­dan­tu­ren orga­ni­siert und koor­di­niert wur­de.
Als Anfang Juni die zwei­te Pha­se des Frank­reich-Feld­zugs mit dem Angriff der HGr B über die Som­me nach Süden begann, bezeich­ne­te der Chef des Gene­ral­sta­bes des Hee­res die Nach­rich­ten­ver­bin­dun­gen zu den inzwi­schen umgrup­pier­ten HGrOK­do und AOK dann als „annä­hernd zufrie­den­stel­lend“.

Für die ers­te Pha­se des Angriffs auf die Nie­der­lan­de, Luxem­burg, Bel­gi­en und Frank­reich waren für Horch­dienst bzw. Funk­auf­klä­rung Auf­klä­rungs­räu­me fest­ge­legt wor­den, wobei mit der Auf­klä­rung in der Tie­fe des Raums („Fern­auf­klä­rung“) zunächst die bei­den Fes­ten Horch­stel­len Müns­ter und Stutt­gart beauf­tragt blie­ben, was jedoch nicht aus­reich­te. Den beweg­li­chen Horch­kom­pa­nien bei den Hee­res­grup­penwar dage­gen von der Horch-Leit­stel­le beim OKH mehr eine Art „Nah­auf­klä­rung“ zuge­dacht, was aber im Auf­trag nicht klar genug zum Aus­druck kam. Dabei soll­te zunächst vor allem die Reak­ti­on der bri­ti­schen sowie der fran­zö­si­schen 1. und 7. Armee auf den deut­schen Angriff fest­ge­stellt wer­den, wobei ins­be­son­de­re bald­mög­lichst geklärt wer­den soll­te, ob die fran­zö­si­sche 7. Armee („armée d´intervention en Bel­gi­que“) sofort nach Bel­gi­en vor­rü­cken wür­de.

Auf­klä­rungs­räu­me für Horch­dienst bzw. Funk­auf­klä­rung in der ers­ten Pha­se des Angriffs auf die Nie­der­lan­de, Bel­gi­en und Frank­reich

Bild­quel­le: U.a. Quel­le 11

Der Schwer­punkt von Horch­dienst bzw. Funk­auf­klä­rung lag inso­fern in den ers­ten Wochen vor HGr B: Obwohl dabei auf­grund der vor­he­ri­gen weit­ge­hen­den Funk­stil­le erst eine gewis­se Anlauf­zeit erfor­der­lich war, um sich in die schlag­ar­tig auf­tre­ten­den nie­der­län­di­schen, bel­gi­schen, fran­zö­si­schen und bri­ti­schen Funk­ver­keh­re ein­zu­ar­bei­ten, gelang es der Funk­auf­klä­rung schon am ers­ten und zwei­ten Tag des Angriffs durch Erfas­sung von fran­zö­si­schem und bri­ti­schem Funk­ver­kehr das Vor­ge­hen von Tei­len der o.a. fran­zö­si­sche 7. Armee und auch der bri­ti­schen Armee nach Bel­gi­en sowie einer bri­ti­schen PzDiv von Brüs­sel nach Löwen fest­zu­stel­len. 
Und schon am zwei­ten und drit­ten Tag des Angriffs wur­de durch Erfas­sung von nie­der­län­di­schen Klar­text-Funk­sprü­chen der nie­der­län­di­sche Ent­schluß zum Aus­wei­chen in die „Fes­tung Hol­land“ sowie die bel­gi­sche Absicht zu nach­hal­ti­gem Wider­stand am Albert-Kanal durch Ver­kehrs­aus­wer­tung des bel­gi­schen Funk­ver­kehrs und teil­wei­se durch Erfas­sung von bel­gi­schen Klar­text-Funk­sprü­chen auf­ge­klärt.
Am drit­ten Tag des Angriffs wur­de auch noch durch Ent­zif­fe­rung eines fran­zö­si­schen Funk­spruchs die Absicht der fran­zö­si­schen 7. Armee geklärt, sich in der Dyle-Stel­lung zur Ver­tei­di­gung ein­zu­rich­ten.
Ab 22. Mai war dann das Abset­zen der bel­gi­schen und fran­zö­si­schen Kräf­te nach Wes­ten durch Peil­aus­wer­tung erkenn­bar, wäh­rend am sel­ben Tag die unmit­tel­ba­re Ver­bin­dungs­auf­nah­me des bri­ti­schen AOK mit dem bri­ti­schen Kriegs­mi­nis­te­ri­um in Lon­don über Funk und auf­fal­lend star­ker Funk­ver­kehr des fran­zö­si­schen HGrOK­do mit der fran­zö­si­schen Hee­res­lei­tung fest­ge­stellt wur­den.
Ab 26. Mai wur­den danach durch Peil­aus­wer­tung die voll­stän­di­ge Ein­schlie­ßung der ver­blie­be­nen bel­gi­schen, fran­zö­si­schen und bri­ti­schen Kräf­te ent­lang der Kanal­küs­te sowie ab 28. Mai anhand des Funk­ver­kehrs zuneh­men­de Auf­lö­sungs­er­schei­nun­gen erkannt.

Vor der HGr A konn­ten zwar von Horch­dienst bzw. Funk­auf­klä­rung bereits am Abend des 10. Mai min­des­tens zwei fran­zö­si­sche Mech- bzw. PzDiv west­lich von Namur an der Maas ledig­lich durch Ver­kehrs­aus­wer­tung ihres Funk­ver­kehrs fest­ge­stellt und den eige­nen auf die Maas vor­sto­ßen­den Pan­zer­kräf­ten gemel­det wer­den, aber ansons­ten erziel­te die bei PzGrp „Kleist“ ein­ge­setz­te Horch­kom­pa­nie auf­grund guter Funk­dis­zi­plin der fran­zö­si­schen 9. Armee zunächst nur unbe­deu­ten­de Ergeb­nis­se, wes­halb sie am 20. Mai im Raum Le Cateau ange­hal­ten wur­de und neben Funk­auf­klä­rung nach Nord­wes­ten Rich­tung Kanal­küs­te, nun auch mit Funk­auf­klä­rung nach Süd­wes­ten Rich­tung Som­me und unte­re Ais­ne begann. Die zwei­te Horch­kom­pa­nie der HGr A hat­te bereits ab 14. Mai aus dem Raum Rethel Funk­auf­klä­rung nach Süden zwi­schen fran­zö­sisch-luxem­bur­gi­scher Gren­ze und obe­rer Ais­ne begon­nen.
Nach und nach gelang es nun – ver­stärkt durch eine drit­te, bei HGr B frei­ge­wor­de­ne und nörd­lich der unte­ren Som­me ein­ge­setz­te Horch­kom­pa­nie – den fran­zö­si­schen Auf­marsch und Auf­bau einer neu­en Front („Wey­gand-Linie“) an Som­me und Ais­ne bis hin zur fran­zö­sisch-luxem­bur­gi­schen Gren­ze ledig­lich durch Peil- und Ver­kehrs­aus­wer­tung zu klä­ren, da bis dahin kein ein­zi­ges fran­zö­si­sches Kryp­to-Ver­fah­ren auf ope­ra­ti­ver Ebe­ne ent­zif­fert und mit­ge­le­sen wer­den konn­te. Dabei gelang es zunächst, bereits am 16. Mai ein neu­es fran­zö­si­sches AOK 6 in Eper­nay sowie am 22./23. Mai lin­ke und rech­te Gren­ze von des­sen Gefechts­strei­fen fest­zu­stel­len. Dar­über hin­aus wur­den ab 23. Mai zwei neue fran­zö­si­sche AOK süd­lich der Som­me und ein neu­es fran­zö­si­sches HGrOK­do in Meaux erkannt. Nur durch Ver­kehrs- und Peil­aus­wer­tung gelang es des Wei­te­ren fast alle fran­zö­si­schen Korps- und Divi­si­ons­ge­fechts­stän­de zu loka­li­sie­ren

Bil­der oben: Ein­satz­or­te und Peil­ba­sen [8] der Horch­kom­pa­nien bei HGr A sowie deren Funk­auf­klä­rungs­er­geb­nis­se in gro­ßen Zügen vor dem deut­schen Angriff über Som­me und Ais­ne, Bild­quel­le: U.a. Quel­le 13 

sowie Funk­auf­klä­rungs­er­geb­nis­se vor und wäh­rend des deut­schen Angriffs über Som­me und Ais­ne im Detail, Bild­quel­le: U.a. Quel­le 11

Für den Angriff von HGr B und A über Som­me und Ais­ne ab 5. bzw. 15. Juni wur­den die Horch­kom­pa­nien unter Zufüh­rung einer Horch­kom­pa­nie aus dem Bereich des Horch­trup­pen­kom­man­deurs Ost neu geglie­dert, wobei es aber in der Sum­me bei zwei Horch­kom­pa­nien pro Hee­res­grup­pe blieb.
Am 13. Juni wur­de durch die Funk­auf­klä­rung eine Rund­funk­mel­dung mit dem fran­zö­si­schen Ent­schluß zum Rück­zug auf und hin­ter die Loire erfasst, danach begann ab 15. Juni der Zusam­men­bruch des gere­gel­ten fran­zö­si­schen Funk­ver­kehrs, so daß nur noch die Bewe­gungs­rich­tun­gen der fran­zö­si­schen AOK[9] durch Peil­aus­wer­tung über­wacht wer­den konn­ten.

Ins­ge­samt betrach­tet ist es Horch­dienst bzw. Funk­auf­klä­rung der HNach­rTr im soge­nann­ten West­feld­zug nicht nur gelun­gen, aus­ge­spro­chen gute und brauch­ba­re Ergeb­nis­se auf ope­ra­ti­ver Ebe­ne zu erzie­len, son­dern – viel­leicht noch wich­ti­ger – recht­zei­tig an die HGrOk­do und AOK zu mel­den, so daß sie bei der eige­nen Lage­fest­stel­lung und ‑beur­tei­lung berück­sich­tigt wer­den sowie in die eige­ne ope­ra­ti­ve Pla­nung ein­flie­ßen konn­ten. Dage­gen kam die recht­zei­ti­ge Infor­ma­ti­on der PzGrp und ‑Korps auf­grund unzu­rei­chen­der Mel­de­ver­bin­dun­gen der Aus­wer­te­stel­len sowie die tak­ti­sche Funk­auf­klä­rung – ins­be­son­de­re durch die Nah­auf­klä­rungs­zü­ge auf Divi­si­ons­ebe­ne – kaum zum Tra­gen

Bei den Nach­rich­ten­ver­bin­dun­gen der HNach­rTr im Rah­men der Beset­zung von Däne­mark und Nor­we­gen muss­te auf­grund der rela­tiv kur­zen Vor­be­rei­tungs­zeit und der geo­gra­phi­schen Rah­men­be­din­gun­gen in star­kem Maße „impro­vi­siert“ wer­den, so daß es anfangs zu einer „Nach­rich­ten­ver­bin­dungs­kri­se“ kam, die nur durch das per­sön­li­che Ein­grei­fen von Gene­ral­leut­nant Fell­gie­bel und unkon­ven­tio­nel­le Maß­nah­men gelöst wer­den konn­te. Dage­gen tra­ten beim soge­nann­ten West­feld­zug nur zeit­wei­li­ge Unter­bre­chun­gen der Draht-Nach­rich­ten­ver­bin­dun­gen auf, die sich aber auf­grund des ver­bes­ser­ten Aus­bil­dungs­stan­des bei allen Nach­rRgt, tech­nisch aus­ge­reif­te­ren und quan­ti­ta­tiv erwei­ter­ten Draht-Nach­rich­ten­ver­bin­dun­gen sowie des zwei­ten ein­ge­setz­ten FüNach­rRgt und bes­se­rer Orga­ni­sa­ti­on bzw. Koor­di­na­ti­on bei Wie­der­her­stel­lung bzw. ‑inbe­trieb­nah­me der nie­der­län­di­schen, bel­gi­schen und fran­zö­si­schen pos­ta­li­schen Draht-Nach­rich­ten­ver­bin­dungs­net­ze in eini­ger­ma­ßen beherrsch­ba­ren Grö­ßen­ord­nun­gen hiel­ten. 

Die­se erneu­te, ins­ge­samt kon­zep­tio­nel­le, orga­ni­sa­to­ri­sche, per­so­nel­le sowie mate­ri­el­le und tech­ni­sche Bewäh­rung der HNach­rTr in ihrem zwei­ten und drit­ten Kriegs­ein­satz trug aber auch mit dazu bei, daß ab April 1940 in Nord- und West­eu­ro­pa ein zwar nur kur­zer Feld­zug geführt wer­den konn­te, der jedoch gera­de erst durch das zuver­läs­si­ge Funk­tio­nie­ren der Nach­rich­ten­trup­pen und der durch sie sicher­ge­stell­ten Nach­rich­ten­ver­bin­dun­gen sowie bereit­ge­stell­ten Funk­auf­klä­rungs­er­geb­nis­se ermög­licht wur­de und in des­sen Gefol­ge NS-Ver­bre­chen sowie die NS-Gewalt­herr­schaft auch in die­sen besetz­ten Gebie­ten ihren Ein­zug hiel­ten.


Quel­le:

Tafel 39 der Bild­ta­fel­aus­stel­lung “Fern­mel­de­trup­pen – Ges­tern und heu­te”

Wei­te­re Quel­len und zusätz­li­che Infor­ma­tio­nen zum The­ma:

  1. N., N.: Die Nach­rich­ten­trup­pe im Zwei­ten Welt­krieg, in: Tele­gra­phen-/ Nach­rich­ten-/ Fern­mel­de­trup­pen und Füh­rungs­diens­te – Füh­rungs­un­ter­stüt­zung seit 1899, Hrsg.: Fern­mel­de­ring e.V. 1999 – S. 99 ff.
  2. N., N.: Mili­tä­ri­sche Nut­zung der Fern­mel­de­net­ze der Deut­schen Reichs­post 1918 — 1945, in: Tele­gra­phen-/ Nach­rich­ten-/ Fern­mel­de­trup­pen und Füh­rungs­diens­te – Füh­rungs­un­ter­stüt­zung seit 1899, Hrsg.: Fern­mel­de­ring e.V. 1999 – S. 113 ff.
  3. Recke, Hans-Joa­chim: Die Ent­wick­lung der Tele­gra­phen- und Nach­rich­ten­trup­pe, in: Anten­ne-Son­der­aus­ga­be „100 Jah­re Fern­mel­de­trup­pen“, FmS/FSHElT 1999 – S. 6 ff.
  4. Kam­pe, Hans-Georg: Die Hee­res-Nach­rich­ten­trup­pe der Wehr­macht 1935 — 1945, 1994 – S. 92 ff.
  5. Ein­trag zu FüNach­Rgt 40 in „Lexi­kon der Wehr­macht“
  6. Ein­trag zu Hee­res-/Fü­Nach­Rgt 601 in „Lexi­kon der Wehr­macht“
  7. Goe­bel, Die­ter: Tele­gra­phen-/Nach­rich­ten-/Fern­mel­de-Trup­pen – Orga­ni­sa­ti­ons­dar­stel­lung 1830 — 1980, FmS/FSHEloT 1980
  8. Grether, Michael/Kampe, Hans-Georg: Deck­na­me „Han­sa“ – Die Bun­ker im geplan­ten Haupt­quar­tier des OKH in Gie­ßen; in: Mili­tär­ge­schicht­li­che Blät­ter – Schrif­ten­rei­he zur Mili­tär­ge­schich­te, Hrsg.: Pro­jekt + Ver­lag Dr. Erwin Meiß­ler – 1997 
  9. Ran­de­wig, Kuni­bert: 50 Jah­re Deut­sche Hee­res-Funk- und Nach­rich­ten­au­klä­rung – Ein Rück­blick im Jah­re 1964 auf ihre orga­ni­sa­to­ri­sche Ent­wick­lung von 1914 — 1945, in: Tele­gra­phen-/ Nach­rich­ten-/ Fern­mel­de­trup­pen und Füh­rungs­diens­te – Füh­rungs­un­ter­stüt­zung seit 1899, Hrsg.: Fern­mel­de­ring e.V. 1999 – S. 39 ff.
  10. Ran­de­wig, Kuni­bert: Die Orga­ni­sa­ti­on der deut­schen Nach­rich­ten­auf­klä­rung 1918 — 1945 und Die deut­sche Funk­auf­klä­rung im West-Feld­zug (Mai — Juli 1940), in: Praun, Albert: Eine Unter­su­chung über den Funk­dienst des rus­si­schen, bri­ti­schen und ame­ri­ka­ni­schen Hee­res im Zwei­ten Welt­krieg vom deut­schen Stand­punkt aus, unter beson­de­rer Berück­sich­ti­gung ihrer Sicher­heit; Neu­markt — St. Veit – 1950
  11. Ran­de­wig, Kuni­bert: Die deut­sche Funk­auf­klä­rung im West-Feld­zug (Mai — Juli 1940), in: Praun, Albert: Eine Unter­su­chung über den Funk­dienst des rus­si­schen, bri­ti­schen und ame­ri­ka­ni­schen Hee­res im Zwei­ten Welt­krieg vom deut­schen Stand­punkt aus, unter beson­de­rer Berück­sich­ti­gung ihrer Sicher­heit; Neu­markt — St. Veit – 1950
  12. Ara­zi, Doron:  Die deut­sche mili­tä­ri­sche Funk­auf­klä­rung im Zwei­ten Welt­krieg – Ver­such eines Über­blicks, in: Der Zwei­te Welt­krieg – Ana­ly­sen — Grund­zü­ge — For­schungs­bi­lanz, Hrsg. im Auf­trag des MGFA: Mich­al­ka, Wolf­gang; Piper – Okto­ber 1989
  13. Lehr- und Aus­bil­dungs­hil­fe A 11 „Kriegs­ge­schicht­li­che Bei­spie­le der Elek­tro­ni­schen Kampf­füh­rung“, S. 7 (West­feld­zug 1940); FmS/FSHEloT — Spe­zi­al­stab ATV, Febru­ar 1979
  14. Uffel­mann, Peter: Zur Geschich­te und Ent­wick­lung der Fern­mel­de­auf­klä­rung im deut­schen Heer, S. 5 ff. – Im Zwei­ten Welt­krieg; Unter­richts­hil­fe für die Offi­zier­an­wär­ter-Zusatz­aus­bil­dung in der FmAusbKp 5/III, 1987/1988

[2] Gie­ßen war ab Herbst 1940 auch Stand­ort der auf die­ser Bild­ta­fel 39 dar­ge­stell­ten Hee­res­schu­le für Nach­rich­ten­hel­fe­rin­nen, wobei für ihre fach­li­che Aus­bil­dung u.a. auch die Anla­gen des Nach­rich­ten­bun­kers „Gise­la“ genutzt wur­den.

[3] Schraf­fie­run­gen im nächs­ten Bild

[4] Erst­mals erfolg­te hier die Füh­rung der Ope­ra­tio­nen nicht durch das OKH, son­dern das OKW.

[5] im Kern aus dem Stab des XXI. Armee­korps

[6] seit 1. Febru­ar 1940

[7] Son­der-Kfz 151/3 mit Rah­men­an­ten­ne für Steil­ab­strah­lung, hin­ten wahr­schein­lich mit den Funk­ge­rä­te­sät­zen (FuG) 11 (E: 0,1 — 7,1 MHz/S: 0,2 — 1,1 MHz – 100 W) und FuG 12 (E: 0,1 — 7,1 MHz/S: 1,12 — 3,0 MHz – 80 W) sowie mit der Schlüs­sel­ma­schi­ne ENIGMA I (vor­ne)

[8] gestri­chel­te Lini­en im vor­letz­ten Bild zwi­schen Arras und Rethel, Péron­ne und Mau­beu­ge sowie zwi­schen Laon und Arlon 

[9] gestri­chel­te Lini­en im letz­ten Bild