Tafel 9 der Bildtafelausstellung “Fernmeldetruppen – Gestern und heute”

Nach Vor­stel­lung der Bild­ta­fel zur Preuß. Mili­tär­te­le­gra­phie und den Anfän­gen des Tele­fons (1871 — 1899) wird die Serie zu o.a. Bild­ta­fel­aus­stel­lung mit der Vor­stel­lung der Bild­ta­fel zur Auf­stel­lung der preuß. Tele­gra­phen­trup­pe (1899) fort­ge­setzt.  

Oberst a.D. Peter Uffel­mann

Mit Auf­stel­lung der Inspek­ti­on der Mili­tär­te­le­gra­phie sowie ihrer Unter­stel­lung unter die Gene­ral­inspek­ti­on des Inge­nieur­we­sens war die preuß. Mili­tär­te­le­gra­phie 1877 zwar orga­ni­sa­to­risch von der Staats-Tele­gra­phie getrennt wor­den, und ihr Umfang inner­halb der preuß. Pio­nier­trup­pe war seit 1871 schritt­wei­se sowohl frie­dens­mä­ßig, als auch für den Mobil­ma­chungs­fall deut­lich aus­ge­wei­tet wor­den, aber alle zwi­schen­zeit­li­chen Anträ­ge auf Neu- bzw. Reor­ga­ni­sa­ti­on der Mili­tär­te­le­gra­phie hat­ten bis 1888 ledig­lich dazu geführt, daß im Mobil­ma­chungs­fall nun fünf Armee- und 16 Korps-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen auf­zu­stel­len waren. Eine auch frie­dens­mä­ßi­ge, orga­ni­sa­to­ri­sche Zusam­men­fas­sung der auf die 20 preuß. Pio­nier­ba­tail­lo­ne zer­split­ter­ten Feld­te­le­gra­phie-Aus­bil­dung und der Telegraphen(lehr)kompanie beim Gar­de-Pio­nier­ba­tail­lon war dage­gen trotz Ein­füh­rung bzw. Erfin­dung neu­er Über­tra­gungs­mit­tel (Tele­pho­nie, Licht­si­gnal­ap­pa­ra­te, „Fun­ken­te­le­gra­phie“) bis dahin noch nicht gelun­gen.

Immer­hin erreich­te ab 1891 die Gene­ral­inspek­ti­on des preuß. Inge­nieur- und Pio­nier­korps – in per­so­na der dama­li­ge Pio­nier­haupt­mann Her­mann Deli­us – durch eine Denk­schrift, daß inner­halb aller preuß. Pio­nier­ba­tail­lo­ne “Feld­te­le­gra­phie-Detach­ments” in jeweils Zug­stär­ke gebil­det wur­den. Damit konn­ten wenigs­tens die Aus­bil­dung des Füh­rungs­per­so­nals und die Mobil­ma­chungs­vor­be­rei­tun­gen der preuß. Korps-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen sicher­ge­stellt wer­den.

Der dama­li­ge Pio­nier­haupt­mann Her­mann Deli­us hat­te sei­ne mili­tä­ri­sche Lauf­bahn 1872 als Offi­zier­an­wär­ter im preuß. Pio­nier­ba­tail­lon Nr. 4 in Mag­de­burg begon­nen, in dem – neben dem Gar­de-Pio­nier­ba­tail­lon in Ber­lin – bereits seit Novem­ber 1871 alle Kom­pa­nien im Lei­tungs­bau aus­ge­bil­det wur­den und das damals im Mobil­ma­chungs­fall die Etap­pen-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen Nr. 1 — 5 auf­stel­len soll­te. Ver­mut­lich kam er bereits dort zum ers­ten Mal mit der Feld­te­le­gra­fie in Berüh­rung. Ab Ende 1888 war er dann Chef der 4. Kom­pa­nie des Kur­hes­si­schen Pio­nier-Batail­lons Nr. 11 des preuß. XI. Armee­korps, einer der 20 preuß. Pio­nier­kom­pa­nien, in denen Feld­te­le­gra­phis­ten aus­ge­bil­det wur­den. Spä­tes­tens hier erkann­te er die Bedeu­tung der Nach­rich­ten­über­mitt­lung mit­tels Tele­gra­phie für die dama­li­ge Kriegs­füh­rung und setz­te sich von da an mit hohem per­sön­li­chen Enga­ge­ment für die Auf­stel­lung einer selbst­stän­di­gen Tele­gra­phen­trup­pe ein. 1891 wur­de er als Bear­bei­ter für die Aus­bil­dung der Offi­zie­re und Unter­of­fi­zie­re der Feld- und Fes­tungs­te­le­gra­phie in die Gene­ral­inspek­ti­on des preuß. Inge­nieur- und Pio­nier­korps ver­setzt, wo sei­ne For­de­run­gen nach einer eigen­stän­di­gen Tele­gra­phen­trup­pe mit Auf­stel­lung der „Tele­gra­phen­de­tache­ments“ in jedem preuß. Pio­nier­ba­tail­lon einen ers­ten Erfolg hat­ten. 

Auch wei­te­re Denk­schrif­ten der Gene­ral­inspek­ti­on des preuß. Inge­nieur- und Pio­nier­korps fan­den Unter­stüt­zung beim Chef des preuß. Gene­ral­sta­bes, des­sen Ein­ga­ben beim preuß. Kriegs­mi­nis­te­ri­um 1896 einen zwei­jäh­ri­gen Ver­such mit Kriegs-Tele­gra­phen­for­ma­tio­nen bewirk­ten.

1897 wur­de Major Deli­us – inzwi­schen beför­dert und nach sei­ner Ver­wen­dung als Batail­lons­kom­man­deur – Direk­tor der schon 1887 gegrün­de­ten „Mili­tär­te­le­gra­phen­schu­le“ in Ber­lin. In die­ser Ver­wen­dung erreich­te er durch zahl­rei­che Denk­schrif­ten und Etat­vor­schlä­ge, daß 1899 die ers­ten drei Tele­gra­phen­ba­tail­lo­ne auf­ge­stellt wur­den; er selbst wur­de zum ers­ten Kom­man­deur des Tele­gra­phen-Batail­lons Nr. 1 in Ber­lin-Trep­tow ernannt. Spä­ter war er als Oberst ab 1907 zunächst einer der bei­den Inspek­teu­re der Tele­gra­phen­trup­pe sowie ab 1908 und bis 1911 Inspek­teur der Feld­te­le­gra­phie – ab 1909 als Gene­ral­ma­jor und mit Ver­set­zung in den Ruhe­stand noch zum Gene­ral­leut­nant ernannt.

Gene­ral­leut­nant Her­mann Deli­us

Inspek­teur der Feld­te­le­gra­phie (21.03.1908 — 20.03.1911)

Grund­la­ge für die Auf­stel­lung der ers­ten drei Tele­gra­phen­ba­tail­lo­ne ab 1. Okto­ber 1899 war eine “Aller­höchs­te Kabi­nets-Ord­re” (AKO) vom 25. März 1899 unter­zeich­net von Kai­ser Wil­helm II., mit der die jahr­zehn­te­lan­gen Bestre­bun­gen und Bemü­hun­gen zur Ver­meh­rung und Eigen­stän­dig­keit der “Mili­tär-/Feld­te­le­gra­phie” seit dem deutsch-fran­zö­si­schen Krieg in 1870/71 – zunächst unter Tren­nung  von der “Staats­te­le­gra­phie” der Reichs­post, spä­ter auch unter Tren­nung  von der Pio­nier­trup­pe – einen posi­ti­ven Abschluß fan­den.

Durch die­se „AKO“ wur­den zum 1. Okto­ber 1899 die “Feld­te­le­gra­phie-Detach­ments” aus den 4. Kom­pa­nien aller 20 preuß. Pio­nier­ba­tail­lo­ne aus­ge­glie­dert und die 5./Garde-Pionierbataillon (= Ver­suchs­kom­pa­nie für Mili­tär­te­le­gra­phie/­Te­le­gra­phie-Lehr­kom­pa­nie) auf­ge­löst sowie in den drei Tele­gra­phen­ba­tail­lo­nen zusam­men­ge­fasst. Gleich­zei­tig wur­den unter Auf­lö­sung der bis­he­ri­gen “Inspek­ti­on der Mili­tär-Tele­gra­phie” die “Inspek­ti­on der Tele­gra­phen­trup­pen” auf­ge­stellt, die wirt­schaft­lich der “Inten­dan­tur der Ver­kehrs­trup­pen” unter­stellt wur­de, und die bis­he­ri­ge “Mili­tär-Tele­gra­phen­schu­le” in die “Kaval­le­rie-Tele­gra­phen­schu­le” umge­wan­delt, die dem Tele­gra­phen-Batail­lon Nr. 1 unter­stellt wur­de.

Die Tele­gra­phen-Batail­lo­ne (Preu­ßen) ab 1. Okto­ber 1899

Jedes Tele­gra­phen-Batail­lon bestand aus drei Kom­pa­nien – beim Tele­gra­phen-Batail­lon Nr. 1 eine säch­si­sche Kom­pa­nie und ein zusätz­li­ches würt­tem­ber­gi­sches „Detach­ment“, die mit Blank­draht auf feld­mä­ßi­gen Stan­gen oder mit Feld­ka­bel unter Nut­zung von Bäu­men Lei­tun­gen bau­ten und die­se mit Mor­se­ap­pa­ra­ten tele­gra­phisch oder mit soge­nann­ten „Patrouil­len­ap­pa­ra­ten“ tele­pho­nisch betrie­ben, sowie im Mobil­ma­chungs­fall aus einer „Bespan­nungs­ab­tei­lung“, wel­che bis 1904 noch zum Train-Batail­lon des jewei­li­gen Armee­korps gehör­te. Die Soll­stär­ke eines Tele­gra­phen­ba­tail­lons betrug dann 18/52/419//489.

links: Zeich­nung eines Patrouil­len-Appa­ra­tes

Der „Patrouil­len­ap­pa­rat“ war ein – als Haupt­be­stand­teil des Kaval­le­rie­te­le­gra­phen – 1896 in der Deut­schen Armee ein­ge­führ­ter Fern­sprech- und Sum­mer­ap­pa­rat, der die ande­ren damals bekann­ten Fern­spre­cher an Hand­lich­keit, Brauch­bar­keit und guter Trans­port­fä­hig­keit über­traf. Das Gerät hat­te die Form eines Hand­ap­pa­rats mit einem dicken Griff­rohr, in wel­chem, durch einen abschraub­ba­ren Deckel zugäng­lich, der Sum­mer gela­gert war. An dem Griff­rohr waren oben der Appa­rat­fern­hö­rer, unten das Mikro­fon, die Lei­tungs­klem­men und das Bat­te­rie­ka­bel sowie an den Sei­ten die wei­ße Sum­mer­tas­te und die schwar­ze Mikro­fon­tas­te ange­bracht. Die Tas­ten waren ein­fa­che Knopf­tas­ten; absicht­lich war für die Mikro­fon­tas­te kei­ne beque­me­re Bau­art gewählt wor­den, weil das Mikro­fon nur in Aus­nah­me­fäl­len gebraucht wer­den soll­te, wäh­rend als Haupt­ver­kehrs­form der Sum­mer­ver­kehr die­nen soll­te. Bean­stan­det wur­de das häu­fi­ge Aus­set­zen des Sum­mers beim Nach­las­sen der Bat­te­rie­span­nung und die mäßi­ge Mikro­fon­wir­kung.


Quel­le:

Tafel 9 der Bild­ta­fel­aus­stel­lung “Fern­mel­de­trup­pen – Ges­tern und heu­te”


Wei­te­re Quel­len und zusätz­li­che Infor­ma­tio­nen zum The­ma:

  1. Goe­bel, Die­ter: Tele­gra­phen-/Nach­rich­ten-/Fern­mel­de-Trup­pen – Orga­ni­sa­ti­ons­dar­stel­lung 1830 — 1980, FmS/FSHEloT 1980
  2. Das Tele­gra­phen- und Nach­rich­ten­we­sen von den Anfän­gen bis 1939 nach Gene­ral­ma­jor Erich Fell­gie­bel in: Tele­gra­phen-/Nach­rich­ten-/Fern­mel­de­trup­pen und Füh­rungs­diens­te – Füh­rungs­un­ter­stüt­zung seit 1899, Hrsg.: Fern­mel­de­ring e.V. 1999 – S. 19 ff.
  3. Tele­gra­phen-/Nach­rich­ten-/Fern­mel­de­trup­pen und Füh­rungs­diens­te – Füh­rungs­un­ter­stüt­zung seit 1899, Hrsg.: Fern­mel­de­ring e.V. 1999 – S. 217 ff. und S. 225 ff.
  4. Recke, Hans-Joa­chim: Die Ent­wick­lung der Tele­gra­phen- und Nach­rich­ten­trup­pe in: Anten­ne-Son­der­aus­ga­be „100 Jah­re Fern­mel­de­trup­pen“, FmS/FSHElT 1999 – S. 6 ff.
  5. Wiki­pe­dia-Ein­trag zu GenLt Her­mann Deli­us
  6. Wiki­pe­dia-Ein­trag zu Patrouil­len­ap­pa­rat